Operation aus Gewinnsucht? - Rostocker Neurochirurg vor Gericht

Ein Neurochirurg in Rostock soll eine Frau aus reiner Gewinnsucht zu
einer überflüssigen Operation überredet haben. Der Eingriff ging dann

auch noch schief. Nun steht der wegen anderer Delikte schon zu Haft
verurteilte Mediziner wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht.

Rostock (dpa/mv) - Wegen schwerer und gefährlicher Körperverletzung
muss sich seit Donnerstag ein 54 Jahre alter Neurochirurg vor dem
Landgericht in Rostock verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem
Mediziner vor, 2010 eine Patientin überflüssigerweise und zudem
fehlerhaft operiert zu haben. Aus finanziellen Gründen habe er sie zu
einer Versteifung der Halswirbelsäule überredet, die medizinisch
nicht notwendig gewesen sei. Der angeklagte Rostocker Arzt, der
bereits 2014 wegen Abrechnungsbetrugs zu vier Jahren und sieben
Monaten Haft verurteilt worden war, machte zu Prozessbeginn deutlich,
sich nicht zu den Vorwürfen äußern zu wollen.

Die inzwischen 46 Jahre alte frühere Justizangestellte sagte als
Zeugin vor Gericht, sie habe den Arzt in seiner Rostocker Praxis
aufgesucht, weil sie häufig Nackenschmerzen hatte. Dabei habe sie ihm
auch von einem Autounfall berichtet, der bereits sieben Jahre
zurücklag. Der Angeklagte führte eine Computertomographie durch und
entnahm der Frau Hirnwasser. Nach der Diagnose sei ihr mitgeteilt
worden, dass sie an einer Fraktur an einem Halswirbel leide, die
schlecht verheilt sei. Die zum Gehirn führenden Nervenstränge seien
bedroht, sie könne irgendwann ins Koma fallen, wenn die ersten
Halswirbel nicht mit dem Kopf durch Implantate versteift würden.

Die Zeugin stimmte daraufhin der Operation zu, weil sie an ein
ernsthaftes Gesundheitsrisiko glaubte. Nach der Operation sei es ihr
jedoch sehr schlecht gegangen. Sie habe nicht stehen und nicht sitzen
können und unter erheblichen Schmerzen gelitten. Als sie nach
mehreren Reha-Maßnahmen andere Ärzte konsultierte, stellte sich nach
Darstellung der Frau heraus, dass sie nie einen Halswirbelbruch
erlitten hatte, und die Versteifung überflüssig war. Die Implantate
aus Schrauben und Platten seien ihr zudem falsch eingesetzt worden.
Die Diagnose habe der Angeklagte ihr mit falschen Computerbildern
vorgetäuscht, sagte die Frau.

Eine frühere Krankenschwester aus der Praxis des Angeklagten
berichtete, die Operation sei für den Arzt neu gewesen. Er sei dabei
von einem anderen Arzt zumindest beratend unterstützt worden.

Der Angeklagte wurde bereits 2014 vom Landgericht Rostock wegen
Abrechnungsbetrugs und Urkundenfälschung zu vier Jahren und sieben
Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte gestanden, Krankenkassen um
1,5 Millionen Euro betrogen zu haben. Deswegen hatte er bereits seine
Krankenkassenzulassung verloren, als er die Geschädigte als
Privatpatientin behandelte. Mit ihr einigte er sich zivilrechtlich
bereits auf ein Schmerzensgeld von 125 000 Euro. Dennoch muss er sich
auch strafrechtlich verantworten. Der Prozess wird am 3. Mai
fortgesetzt und voraussichtlich bis August dauern.