Krankenkasse KKH entsteht bislang größter Betrugsschaden

Seit Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes im Gesundheitswesen
wird vor allem in der ambulanten Pflege Abrechnungsbetrug aufgedeckt.
Die Chefermittlerin der KKH fordert bundesweit eine stärkere
Spezialisierung der Polizei und nennt Niedersachsen als Vorbild.

Hannover (dpa/lni) - Verdünnte Krebsmedikamente, gefälschte Rezepte,
nicht erbrachte Leistungen: Der Kaufmännischen Krankenkasse KKH ist
im vergangenen Jahr der bislang größte Schaden durch Betrug
entstanden, nämlich 3,7 Millionen Euro. Das Ermittlerteam der
Krankenversicherung deckte bundesweit 270 neue Delikte auf und
erstattete in 22 Fällen Strafanzeige. Der Betrug in der ambulanten
Pflege habe besonders deutlich zugenommen, sagte die
KKH-Chefermittlerin Dina Michels am Mittwoch in Hannover. Hier wurden
110 neue Fälle registriert. Angesichts eines großen Dunkelfeldes sei
bundesweit eine stärkere Spezialisierung der Polizei mit Blick auf
Korruption im Gesundheitswesen notwendig. Gebraucht würden
Abrechnungsspezialisten und IT-Experten.

«In Niedersachsen und Bayern beispielsweise ist dies bereits auf den
Weg gebracht», sagte Michels. Seit Inkrafttreten der Straftatbestände
zur Korruption im Gesundheitswesen im Juni 2016 gibt sowohl bei der
Polizei sowie bei der Justiz Spezialdienststellen, wie das
Innenministerium am Mittwoch in Hannover erklärte. Zudem wurde ein
«Arbeitskreis Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen»
eingerichtet, in dem Krankenkassen, berufsständische Vertretungen von
Ärzten sowie Staatsanwälte der Zentralstellen für
Korruptionsstrafsachen und das Landeskriminalamt vertreten sind.

Im Jahr 2016 hatte die KKH mit Sitz in Hannover Abrechnungsbetrug in
Höhe von 1,8 Millionen Euro ans Licht gebracht, damals gab es 810
Einzelfälle. Der weitaus größte Schaden entstand 2017 bei
Krebsmedikamenten. Ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen soll
jahrelang gestreckte Krebsmittel abgegeben, bei Krankenkassen aber
die volle Dosis abgerechnet haben. Dadurch soll allein den
gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von 56 Millionen Euro
entstanden sein. Auf die KKH entfielen mehr als 1,5 Millionen Euro.
Die Kasse hat bundesweit rund 1,7 Millionen Versicherte.

Auch nach Erkenntnissen der AOK treten Fälle von Abrechnungsbetrug
gehäuft vor allem im Bereich der Pflege auf. Dies sei gerade in den
vergangenen Monaten deutlich geworden, seit der Medizinische Dienst
der Krankenkassen verpflichtet ist, eine Abrechnungsprüfung bei den
Pflegediensten durchzuführen, sagte Uwe Köster, Pressesprecher der
Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Die überwältigende

Zahl der landesweit etwa 14 900 zugelassenen Vertragsärzte rechne
korrekt ab.

Bei der Ermittlungs- und Prüfungsstelle zur Bekämpfung von
Fehlverhalten im Gesundheitswesen der KVN gingen laut Köster 2016 und
2017 insgesamt 40 Hinweise ein. 14 Fälle seien noch nicht
abgeschlossen. Bei 13 Meldungen sei es zu keinen Verstößen
kassenärztlicher Pflichten gekommen. Nur in zwei Fällen sei es bisher
zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen.