Kabinett will zum Klausur-Ende Bundeswehr-Einsätze verlängern

Zwei Tage Meseberg sollen auch das Kennenlernen befördern, das
Binnenklima des Kabinetts nach den Misstönen verbessern. Gesucht wird
Teamgeist. Ein CSU-Minister sagt, die gemeinsame Chemie sei
nachrangiger. Es gehe nun darum, sich an die Arbeit zu machen.

Meseberg (dpa) - Mit einer gemeinsamen Kabinettssitzung (09.00 Uhr)
wird am Mittwoch die erste Klausurtagung der Ministerriege von
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fortgesetzt. Im brandenburgischen
Meseberg geht es dabei unter anderem um die Verlängerung von
Bundeswehr-Einsätzen in Mali. Zudem will das Kabinett nach
antisemitischen Vorfällen und religiösem Mobbing an Schulen die
Einsetzung eines Antisemitismus-Beauftragten beschließen. Nach der
Kabinettssitzung soll die Klausur mit Diskussionen unter anderem über
den Haushalt 2018/2019 und die Diesel-Affäre fortgesetzt werden. Um
12.00 Uhr wollen Merkel und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) über die
Ergebnisse informieren.

Bei der Klausur im Gästehaus der Bundesregierung geht es vor allem um
das Abstecken eines Arbeitsprogramms und um ein besseres
Kennenlernen. Viele Minister sind neu in ihrem Amt.

Am Dienstag hatten sich die Koalitionäre bemüht, ein Signal der
Geschlossenheit auszusenden. Sie versicherten, die deutsche
Wirtschaft in einer guten Verfassung zu halten, um die
Voraussetzungen für mehr Investitionen und Wohlstand sowie neue
Arbeitsplätze zu schaffen. Das Bündnis aus CDU, CSU und SPD hatte
zuletzt bei wichtigen Themen über Kreuz gelegen und über den Ton in
der Bundesregierung gestritten.

Nach Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte nun auch der
Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt, mahnende Worte
von SPD-Politikern in Richtung Union. Die große Koalition müsse «eine

Koalition der großen Debatten sein», sagte Dobrindt den Zeitungen der
Funke Mediengruppe (Mittwoch). «Ich rate dazu, nicht den Fehler der
Vergangenheit zu wiederholen und Debatten zu vermeiden.» Dobrindt
fügte hinzu: «Beschwerden und Rufe nach Schiedsrichtern helfen nicht
weiter.» Wer Maulkörbe verteilen wolle, ernte den Protest der Bürger,

der sich am Wahltag entlade. «An der Wahlurne gibt es keine
Maulkörbe.»

Zum Start der erneuten GroKo hatten besonders zwei Unions-
Ressortchefs für Kontroversen gesorgt: CSU-Chef und
Bundesinnenminister Horst Seehofer sowie Gesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) mit Aussagen zum Islam und zu Hartz IV sowie zu angeblich
rechtsfreien Räumen in Deutschland. Führende SPD-Politiker verlangten
daraufhin ein Machtwort Merkels.

Verkehrsminister Andreas Scheuer mahnte in der «Passauer Neuen
Presse» (Mittwoch): «Wir sollten uns nicht so sehr mit der Chemie
beschäftigen, sondern uns an die Arbeit machen.» Forderungen nach
einem Machtwort der Kanzlerin und der Ermahnung zur Disziplin seien
unnötig. «Ich jedenfalls bin lösungsorientiert.»

Das Kabinett will am Mittwoch die Verlängerung von zwei
Bundeswehr-Einsätzen in Mali beschließen. Die Truppe soll in dem
westafrikanischen Land weiterhin malische Soldaten im Kampf gegen
Terroristen ausbilden. An dem Ausbildungseinsatz der EU beteiligen
sich derzeit rund 150 deutsche Soldaten. Parallel dazu stellt die
Bundeswehr im Norden Malis über 1000 Soldaten für eine UN-Mission zur
Überwachung des Friedensabkommens. Das Kabinett will zudem die
Fortsetzung der deutschen Beteiligung an dem Anti-Piraterie-Einsatz
vor der Küste Somalias beschließen. Die Zustimmung des Bundestags zu
den Einsätzen gilt mit den Stimmen der großen Koalition als sicher.

Für den Posten des Antisemitismus-Beauftragten hat Innenminister
Seehofer den Diplomaten Felix Klein vorgeschlagen. Über die
Personalie wird aber wohl erst in einer späteren Sitzung entschieden.

Thema dürfte auch der Bundeshaushalt sein. Bis Ende April soll dieser
stehen. Der Haushalt sieht keine neuen Schulden vor, soll aber schon
einige Projekte der Koalition von Union und SPD berücksichtigen.
Insgesamt will die Koalition bis zum Jahr 2021 bis zu 46 Milliarden
Euro zusätzlich ausgeben, unter anderem für eine Bildungs- und
Digitaloffensive. Zudem sollen bis zum Sommer Eckpunkte stehen für
einen sozialen Arbeitsmarkt, der mit Lohnzuschüssen und
Qualifizierungsmaßnahmen helfen soll, bis zu 150 000
Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen.