Statt Zwillingen nur ein Kind - Frau nach Fehldiagnose entschädigt

Straßburg (dpa) - Einer Türkin, die nach einer falsch
diagnostizierten Zwillingsschwangerschaft nur ein Kind zur Welt
brachte, steht Entschädigung zu. Das urteilte der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag in Straßburg (Az:
18356/11). Die Türkei muss der Frau nun 5000 Euro zahlen. Die
Aufklärung des Falles habe zu lange gedauert, hieß es in der
Urteilsbegründung. Damit sei auf prozessualer Ebene das Recht der
Frau auf Achtung des Familienlebens verletzt worden.

Bei der Klägerin wurde im Jahr 1997 in drei verschiedenen türkischen
Krankenhäusern eine Schwangerschaft mit Zwillingen festgestellt. Bei
der Kaiserschnittgeburt kam jedoch nur ein Kind zur Welt. Die Frau
verklagte das Personal der Geburtsklinik wegen angeblicher Entführung
des zweiten Zwillings. Das Strafverfahren wurde jedoch eingestellt.

Erst 2010 bekam die Frau über den Weg des Verwaltungsrechts eine
Entschädigung von 2575 Euro - wegen der Diagnosefehler, die das
Klinikpersonal unter anderem mit dem Übergewicht der Frau erklärte.

Zwar hält das Straßburger Gericht den Verdacht einer Kindesentführung

für ungerechtfertigt. Die Richter betonen aber, dass die
Verfahrensdauer von fast zwölf Jahren nicht angemessen sei. Gerade
bei möglichen Behandlungsfehlern sei eine schnelle Aufklärung wichtig
für die Sicherheit der Patienten.