Shooting Star Franz Rogowski: «Ein Beruf mit vielen Sehnsüchten» Interview: Nada Weigelt, dpa

Zehn junge Schauspieler aus ganz Europa sind als besonders
vielversprechende Talente zur Berlinale geladen. Aus Deutschland ist
Franz Rogowski dabei.

Berlin (dpa) - Schauspieler Franz Rogowski ist der deutsche Shooting
Star der diesjährigen Berlinale. Zudem ist der 31-jährige Berliner in
zwei Wettbewerbsfilmen zu sehen - in Christian Petzolds
Flüchtlingsdrama «Transit» und in Thomas Stubers Liebesgeschichte «
In
den Gängen». Der Deutschen Presse-Agentur sagte Rogowski, welche
Rollen ihm gefallen und was er von der Auszeichnung hält.

Frage: Welche Rollen mögen Sie?

Antwort: Mein Kerngebiet sind junge, extrem gut aussehende Männer mit
besonderen Fähigkeiten, stark in der Liebe, fantasievoll und
kunstaffin, aber auch sportlich und muskulös.

Frage: Ich erlebe Sie eher als den mehr oder weniger sympathischen
Looser - kommt man nicht leicht in so eine Schublade?

Antwort: Ich versuche, möglichst viele verschiedene Schubladen für
mich zu öffnen. Und im Optimalfall ist es dann wirklich wie ein
Apothekenschrank, der viele Schubladen hat und nicht ein Mülleimer
mit nur einem Deckel.

Frage: Sie sind allein bei der Berlinale gleich dreimal vertreten.
Haben Sie nicht Angst, zu viel auf einmal zu machen?

Antwort: Man hat ja nur begrenzte Kapazitäten und deshalb muss man
sich manchmal auch selbst bremsen und sagen, das brauch ich jetzt
nicht auch noch zu machen. Sonst hat man irgendwann mal keine
Geschichten mehr zu erzählen. Dann kann ich nur noch erzählen, wie
ich in der Maske sitze oder vor der Kamera stehe. Da muss jeder für
sich die richtige Mischung finden, um noch lebendig zu bleiben.

Frage: Was hilft eine Auszeichnung als Shooting Star?

Antwort: Das ist schön und wertvoll, weil man sich in dieser Zeit mit
vielen Menschen vernetzen kann. Wir sind ja nicht auf der Berlinale,
um uns eine Trophäe abzuholen, sondern wir verbringen fünf Tage
intensiv mit Shooting Stars aus anderen europäischen Ländern. Wir
stellen unsere Arbeit vor, tauschen uns aus, diskutieren über die
Perspektiven des Kinos und die Zukunft der Branche, das ist einfach
gut.

Frage: Wie schwer ist es, in dem Job einen Fuß in die Tür zu kriegen?

Antwort: Sehr schwer.

Frage: Trotzdem wollen es so viele machen ...

Antwort: Das ist halt ein Beruf, der mit sehr vielen Sehnsüchten
verbunden ist. Es gibt viel mehr Menschen, die davon träumen, als
solche, die es dann wirklich leben dürfen. Das erleichtert auch die
extreme Ausbeutung, die es in dem Beruf gibt. Schauspieler sind
bereit, sich aus Leidenschaft für ihre Sache extrem einzusetzen oder
aufzuopfern. Es gibt zum Beispiel zu wenig Schutz für junge Mütter am
Theater.

Frage: Was wäre die Lösung?

Antwort: Ich denke schon, dass es eine bessere Unterstützung und mehr
Förderung geben sollte. Wir haben ja in Deutschland zum Glück noch
ein System mit Stadttheatern, die subventioniert werden. Das gibt es
in vielen anderen europäischen Ländern gar nicht mehr. Aber wir
sollten mehr tun, um das zu erhalten.

Frage: Machen Sie lieber Film oder lieber Theater?

Antwort: Das kann ich so nicht sagen, es ist halt etwas sehr
Verschiedenes. Beim Film hat man seine eigene Rolle und eine enge
Verbindung zum Regisseur. Man arbeitet mit ihm zusammen an der
Entwicklung dieser Figur. Im Theater ist es eher eine kollektive
Sache. Der Regisseur hat in der Regel sein Konzept im Kopf und die
Schauspieler versuchen, das gemeinsam umzusetzen.

Frage: Sie wirken sehr nachdenklich. Können Sie sich auch richtig
freuen?

Antwort: Ja. Doch: Ja! Aber im Interview bin ich halt ziemlich
wortkarg. Das geht über meinen normalen Sprachgebrauch weit hinaus.

ZUR PERSON: Franz Rogowski, am 20. Februar 1986 in Freiburg geboren,
ist spätestens seit dem vielfach preisgekrönten Film «Victoria»
(2015) bekannt. Er arbeitete als freischaffender Tänzer und
Choreograf an wichtigen Bühnen, bei den Münchner Kammerspielen gehört

er zum Ensemble. Weitere wichtige Filme waren «Love Steaks» von Jakob
Lass, Michael Hanekes «Happy End» und Henri Steinmetz' «Uns geht es
gut».