Das Geschäft mit dem Smog in Polen Von Natalie Skrzypczak, dpa

Immer mehr Polen sind sich über die gefährliche Luftverschmutzung in
ihrem Land im Klaren. Das Geschäft mit Anti-Smog-Produkten floriert.
Mit bunten Masken und Kosmetik zum Schutz gegen die dicke Luft wollen
Händler daran verdienen.

Warschau (dpa) - Auf dem Tresen ihres Warschauer Ladens breitet Magda
Anti-Smog-Masken in allen Farben und Formen aus. Ein größeres
Exemplar leuchtet grellgelb, ein kleineres ist blau und hat pinke
Blumen als Muster. «Casual oder Sport-Edition?», fragt die
Verkäuferin und reicht den Katalog eines polnischen Herstellers: «Das
ist die neueste Kollektion.»

Durch das gravierende Smog-Problem ist in Polen vom Atemschutz
inzwischen wie von einem Mode-Accessoire die Rede. Online gibt es
Modelle mit hippen Namen wie «City», «Techno» oder «Bandit Scarf
» -
mit einem in den Schal integrierten Schutz.

Rund 30 der 50 EU-weit am stärksten verschmutzen Städte liegen laut
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Polen. Magda, die in
Warschau täglich mit dem Rad fährt, merkte schon vor Jahren, dass mit
der Luft etwas nicht stimmt. «In manchen Teilen der Stadt konnte ich
kaum atmen», erzählt die junge Frau, die unter Schwindel und
Kopfschmerzen litt - Smog-Symptome, vor denen die Masken mit den
wechselbaren Filtern schützen sollen. Magda bietet Exemplare zwischen
umgerechnet 25 und 40 Euro in ihrem Fahrradladen an.

Seit einer extremen Smog-Phase 2017 machen Umweltschützer und Medien
auf das Problem und die gesundheitlichen Folgen aufmerksam, durch die
Tausende Polen pro Jahr vorzeitig sterben sollen, wie Piotr Siergiej
vom Verband «Polski Alarm Smogowy» (Polnischer Smog-Alarm) sagt.
Polen sei vor allem beim Ausstoß krebserregender Stoffe
unangefochtener EU-Spitzenreiter. Hauptverursacher der Verschmutzung
sind demnach minderwertige Kohle und veraltete Brennöfen.

Millionen Menschen heizten im Land noch immer mit «Stinkern»
(Kopciuchy), warnt die Organisation, die eine Aufklärungskampagne im
Kino startete. Siergiej sagt: «Wir haben das Bewusstsein der Menschen
erfolgreich geschärft.» Den Geschäftssinn vieler Händler aber ebens
o.
Denn: «Alle wollen mit dem Smog verdienen», beobachtet Siergiej.

Dass das Business floriert, kann Magda bestätigen: «An Tagen mit
Smog-Alarm kommen besonders viele Kunden, um Masken zu kaufen.» Immer
mehr Fußgänger, Radfahrer und Jogger sind mit den Masken, die fast
das ganze Gesicht verdecken, im Winter unterwegs. Über
Feinstaub-Alarm informieren sie sich auch mithilfe neu entwickelter
Apps, die Werte nahegelegener Messstationen übertragen und per
Push-Nachricht vor Luftverschmutzung warnen.

Polnische Apotheker haben die steigende Nachfrage nach
Anti-Smog-Produkten ebenfalls gemerkt. «Immer öfter fragen Kunden
danach», sagt eine Warschauer Pharmazeutin, die nicht ganz so
stylishe Masken für etwa fünf Euro zum Einmalgebrauch verkauft.
Früher hätten Kunden sie für Maler- und Handwerksarbeiten benutzt,
nun würden die Masken zunehmend zum Smog-Schutz umfunktioniert.

Bedarf gibt es auch bei Luftreinigern. Bewohner des südpolnischen
Krakau, in dem bis zu 188 Smog-Tage pro Jahr gemessen wurden, können
sogar ein Team anheuern, das Feinstaubwerte in Wohnungen und Büros
misst. Selbst Polens Kosmetik-Industrie hat ihr Geschäft gewittert:
Mehrere Hersteller bieten Cremes gegen Falten und vorzeitige
Hautalterung an - vermeintlich von Smog verursacht, versteht sich.
«Wir haben das Produkt wegen der Smog-Verschmutzung in Polen
eingeführt», erklärt Anna Irzycka von der Kosmetikmarke Yonelle.

«Über Cremes und Tabletten kann ich nur lachen», sagt
Anti-Smog-Aktivist Siergiej. Die Masken, betont er aber, seien
effektiv. Mehr als 99 Prozent der Schadstoffe würden von ihnen
gefiltert. «Aber es ist schwer, mit ihnen zu atmen», gibt er zu
bedenken. Kleinkindern dürften sie gar nicht erst aufgesetzt werden,
weil diese dann womöglich zu ersticken drohen, wie Ärzte warnen.

Siergiej sieht die Regierung unter Zugzwang, längst versprochene
Normen für Kohlequalität einzuführen: «Masken aufsetzen, im Haus
bleiben oder auf Wind hoffen, der für bessere Luft sorgt, sollten
nicht die gängigen Anti-Smog-Methoden sein.»

Magda geht hingegen davon aus, dass Smog-Masken schon bald zum Alltag
der Polen gehören werden. «Noch sehen sie befremdlich aus, aber bald
haben wir uns bestimmt daran gewöhnt.» Ihre Kunden würden die Masken

bereits mit der Kleidung abstimmen. Das Lieblingsmodell sei schwarz.
«Das passt zu allem und ist am elegantesten.»

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