Bundesgerichtshof verhandelt Klage gegen Ärzteportal Von Anika von Greve-Dierfeld, dpa

Wenn man gesundheitliche Beschwerden hat und einen Arzt sucht, ist
guter Rat gefragt. Viele verlassen sich auf Webportale wie Jameda.
Dort sind Mediziner verzeichnet und Patienten können sie bewerten.
Aber was, wenn ein Arzt gar nicht in der Liste auftauchen will?

Karlsruhe (dpa) - Millionen von Patienten klicken sich Monat für
Monat durch Internet-Bewertungsportale für Mediziner. Misslich nur,
wenn ein Arzt sich ungerecht behandelt fühlt und aus dem Portal
gelöscht werden will. Die Hürden dafür sind hoch: Am
Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird am Dienstag diese Frage nicht zum
ersten Mal verhandelt.

Worum geht es?

Eine Kölner Hautärztin ist gegen ihren Willen bei dem
Ärztebewertungsportal Jameda gelistet und will alle sie betreffenden
Einträge dort streichen lassen. Sie begründet das damit, dass ihr
Persönlichkeitsrecht verletzt ist.

Wenn sie dort gar nicht gelistet sein will, warum darf Jameda ihr
Profil dennoch aufführen?

Zunächst ganz einfach deshalb: Ärzte müssen es wegen des öffentlich
en
Interesses und im Sinne der freien Arztwahl hinnehmen, dass sie in
solchen Portalen auftauchen und dort - natürlich unter Einhaltung
bestimmter Standards - von Patienten bewertet werden. Sich einfach
löschen lassen, das geht nicht, hat der BGH bereits im September 2014
grundsätzlich entschieden. Im damaligen Fall wurde es einem
Gynäkologen nicht erlaubt, aus dem Portal zu verschwinden. Das
öffentliche Interesse sei höher zu bewerten als das Recht des Arztes
auf informationelle Selbstbestimmung, entschieden damals die Richter
(Az.: VI ZR 358/13).

Wieso sieht die Ärztin dann in ihrem Fall Chancen auf Löschung?

Sie ist der Ansicht, dass der BGH bei dieser Entscheidung einen
wichtigen Aspekt noch nicht berücksichtigt hat: Dass Jameda nämlich
auch als Werbeplattform für Ärzte dient, die dort kostenpflichtig für

sich Werbung machen können. Die Werbeeinblendungen seien kein echter
Nutzen für die Patienten, sondern gezielte Desinformation und
behinderten sie in der Ausübung ihres Berufes, moniert die Klägerin.

Wie kommt sie darauf?

Hintergrund ist das Geschäftsmodell von Jameda. Das Portal bietet
Ärzten auf Wunsch verschieden gestaffelte kostenpflichtige Pakete an.
Je nach Monatsbeitrag können Mediziner als Gold- oder Platinkunde ein
eigenes Foto nebst Text mit ausführlicher Eigenwerbung in ihr Profil
einstellen. Bei Ärzten, die diesen kostenpflichtigen Service nicht in
Anspruch nehmen, sind nur die Basisdaten zu sehen: Ein graues
Einheitsprofilbild nebst Adresse und fachlicher Orientierung.

Was ist daran schlimm?

Bei der Klägerin, die kein zahlender Kunde von Jameda ist, führt das
dazu, dass das Internetportal zu ihrem Profil Werbeanzeigen anderer,
zahlender Ärzte einblendet, mit denen der jeweilige Nutzer auf deren
Seiten aufmerksam wird. Geht man hingegen auf das Profil eines
zahlenden Kunden, so ist dieser vor Anzeigen der Konkurrenz geschützt
- der Patient sieht in diesem Moment nur das angeklickte Profil des
Gold- oder Platinkunden und kein anderes.

Was sagt Jameda dazu?

Das Portal betont seine Neutralität bei den Bewertungen. «In keiner
Weise ist die Frage «Kunde oder nicht Kunde» relevant für die
Bereitstellung von Bewertungen. Da ist die Plattform absolut
neutral», sagt eine Sprecherin. Nur wenn man auf einzelne Profile
klickt, tun sich Unterschiede auf - und das sei durch die
Werbefreiheit gedeckt. «Wir haben nicht den geringsten Zweifel daran,
dass jeder Patient mündig und frei entscheiden kann und von uns in
keiner Weise in die Irre geführt wird», sagt eine Sprecherin.
Außerdem seien die werblichen Anzeigen der zahlenden Ärzte ganz klar
als solche gekennzeichnet.

Was erwarten Experten von der Entscheidung?

Auf jeden Fall keine grundsätzliche Änderung der BGH-Entscheidung von
2014. «Nach bisheriger Rechtsprechung hat die Ärztin wenig Chancen»,

erläutert die Juristin Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale
in Bad Homburg. «Wenn ich in der Öffentlichkeit tätig bin, muss ich

mir viel gefallen lassen.»