Nordkorea bei Olympia? Die wichtigsten Fakten vor den IOC-Beratungen Von den dpa-Korrespondenten

Nimmt Nordkorea an den Olympischen Winterspielen im Februar teil?
Wenn ja, in welcher Form? Bevor es in Pyeongchang los geht, sind noch
viele Fragen zu klären. Dafür trifft sich das IOC am Samstag in
Lausanne.

Lausanne (dpa) - 20 Tage vor Olympia berät das IOC über die Teilnahme
Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen
Pyeongchang. Süd- und Nordkorea wollen eine gemeinsame
Eishockey-Mannschaft der Frauen stellen und bei der Eröffnungsfeier
hinter einer einzigen Fahne zusammen ins Olympiastadion einlaufen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Treffen des
Internationalen Olympischen Komitees am Samstag in Lausanne:

Was ist der Hintergrund für den Sinneswandel Nordkoreas im Hinblick
auf eine Olympia-Teilnahme?

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bot in seiner Neujahrsansprache 
überraschend an, eine Delegation nach Pyeongchang zu entsenden.
Beobachter in Südkorea fragten sich sofort, ob es Kim mit der
Annäherung ernst meine oder ob er nur taktiere. An der Unsicherheit
hat sich bis heute nichts geändert. Konservative Kommentatoren in
Südkorea vermuten, dass Kim versuchen könnte, sein Land etwas vom
Druck der Sanktionen zu befreien und einen Keil zwischen Südkorea und
seinen Verbündeten USA zu treiben. Pjöngjang wirft Washington eine
feindselige Politik vor.

Was erhofft sich der Gastgeber von einer Teilnahme der Nordkoreaner?

Neben störungsfreien Spielen will Südkorea die Grundlage für eine
dauerhafte Entspannung auf der koreanischen Halbinsel schaffen. Der
Sport als Mittel der Diplomatie hat in den innerkoreanischen
Beziehungen schon immer eine Rolle gespielt. Hier lässt sich am
einfachsten Friedenswille und Versöhnungswunsch demonstrieren. «Wir

gehen davon aus, dass der Schritt den Frieden fördert und die
innerkoreanischen Beziehungen verbessert», sagte der südkoreanische
Vize-Vereinigungsminister Chun Hae Sung.

Warum hat das IOC die Tür für Nordkorea so lange offen gehalten?

Mit einer Teilnahme Nordkoreas hätte das IOC nach den
Negativ-Schlagzeilen im Zuge des Dopingskandals in Russland und den
Korruptionsvorwürfen endlich mal Positives zu vermelden. Ein
gemeinsames Einlaufen der beiden Länder bei der Eröffnungsfeier würde

beispielsweise den olympischen Gedanken von der Völkerverständigung
unterstreichen und das schlechte IOC-Image ein wenig aufpolieren.
Auch die Sicherheitsdebatten würden sich erheblich entschärfen, wenn
eine Delegation aus dem Norden an den Spielen teilnimmt. Unter dem
Gesichtspunkt einer möglichen Wettbewerbsverzerrung stellt eine Lex
Nordkorea für IOC-Präsident Thomas Bach ohnehin kein großes Problem
dar, schließlich dürften die Athleten keine große Rolle bei der
Medaillenvergabe spielen.

Welche Entscheidungen muss das IOC konkret treffen?

Zunächst einmal geht es darum, welche Sportler aus Nordkorea
teilnehmen. Auch über eine entsprechende Delegation ist zu
entscheiden. Dann ist die Frage zu klären, in welcher Form die
Athleten starten. Diesbezüglich geht es dann auch um die Auswahl von
Fahne, Hymne und Kleidung. Fraglich ist zudem, wo die nordkoreanische
Delegation untergebracht wird. Dass nordkoreanische Athleten im
olympischen Dorf wohnen, ist schwer vorstellbar.

Wie viele Athleten könnte die Delegation der Nordkoreaner umfassen? 

Als einzige Nordkoreaner qualifizierten sich die Paarläufer Ryom Tae
Ok und Kim Ju Sik. Sie ließen allerdings die Anmeldefrist
verstreichen. Die Eiskunstläufer sind die ersten Kandidaten, denen
das IOC eine Wildcard geben könnte. Die Chancen für ein gemeinsames

Eishockey-Team stehen ebenfalls nicht schlecht. Der Vorsitzende des
Organisationskomitees, Lee Hee Beom, ließ durchblicken, dass
Nordkorea auch gerne Athleten im alpinen Skisport und im Langlauf
schicken würde. Zuletzt wurde auch die Idee eines gemeinsamen
Viererbobs vom Weltverband IBSF ins Spiel gebracht.

Welche Probleme könnten auftreten?

Eine gemeinsame Eishockey-Mannschaft ist sicherlich ein symbolisches
Zeichen, doch sportlich ist eine Zusammenführung nicht so einfach zu
gestalten. Schließlich haben Athleten aus Nord- und Südkorea noch nie
zusammen gespielt. Bislang hat Nordkorea seine Sportler ziemlich
abgeschottet. Dies wäre bei Olympia in der Form nicht möglich, auch
im Hinblick auf Dopingkontrollen, Pressekonferenzen, etc.

Welche UN-Sanktionen müssen die Nordkoreaner beachten?

Das IOC betonte, dass es bei der Entscheidung über die Teilnahme
Nordkoreas nicht gegen UN-Sanktionen verstoßen wolle. Die Sanktionen
des UN-Sicherheitsrats drehen sich vor allem um Bereiche wie Handel
und Finanzdienste, die Pjöngjangs Atom- und Waffenprogramme dienen
könnten. Der Delegation bei den Winterspielen dürfte das kaum in die
Quere kommen. Allerdings wurden einzelne Personen mit Reiseverboten
belegt, diese dürfen Nordkorea den Sanktionen zufolge nicht
verlassen. Auf Antrag können Ausnahmen gewährt werden.
UN-Generalsekretär António Guterres äußerte «das volle Vertrauen
in
Südkorea», dass die Nordkoreaner angemessen transportiert und
untergebracht würden und dass dabei auch geltende Sanktionen
eingehalten würden.