Umstrittene Ruhmeshalle des Sports: Neues Leitbild für «Hall of Fame» Von Andreas Schirmer, dpa

Die «Hall of Fame» des deutschen Sports feiert im Mai ihr
zehnjähriges Bestehen. Die Auswahl von Sportpersönlichkeiten für
diese Ruhmeshalle war öfter umstritten. Mit einem neuen Leitbild und
neuen Kriterien ziehen die Träger Lehren aus Fehlern.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Auswahl von deutschen Sport-Helden für die
Aufnahme in die «Hall of Fame» ist seit ihrer Gründung vor fast zehn

Jahren nicht immer rühmlich und unumstritten gewesen. Nun haben sich
die Träger dieser Ruhmes- und Ehrenhalle auf ein Leitbild und neue
Kriterien geeinigt, die von diesem Jahr an gelten. «Herausragende
Leistungen stehen bei der Auswahl nach wie vor im Vordergrund»,
erklärte Michael Ilgner, Vorstandschef der Deutschen Sporthilfe.
«Gleichzeitig erwarten wir eine klare Haltung zur
freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zum Fair Play, gegen
Sportbetrug und Doping sowie zur eigenen Vergangenheit.»

Mit diesem neuen Kriterienkatalog haben die Sporthilfe, der Deutsche
Olympische Sportbund und der Verein Deutsche Sportpresse auch die
Lehren aus Fällen wie dem des DDR-Radsportidols Gustav-Adolf «Täve»

Schur gezogen. Der inzwischen 86-Jährige war zweimal für die «Hall of

Fame» vorgeschlagen und zweimal abgelehnt worden, weil er die DDR bis
heute glorifiziert und keine kritische Distanz erkennen lässt.

«Die Sportler verwirklichen nicht nur individuelle Werte, sondern
zeigen mit dem Wert ihres Handelns auch die Werte des Sports selbst»,
sagte der Sportphilosoph Gunter Gebauer in einem Vortrag bei einem
Festakt zum 50. Bestehen der Sporthilfe im November in Berlin. Mit
der Aufnahme in die «Hall of Fame» werde neben der sportlichen
Leistung damit zugleich «die modellbildende Kraft» der
Sportpersönlichkeit ausgezeichnet.

«Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir von den Athleten nicht immer
automatisch verlangen, in allen gesellschaftlichen Bereichen
Vorbilder zu sein», sagte Ilgner zu den hohen Ansprüchen. Auch sie
müssten Fehler machen dürfen. «Es kommt dann aber darauf an, wie man

diese Fehler reflektiert und welche Haltung man dazu hat.»

Wenn sich Persönlichkeiten für sportpolitische Themen einsetzten und
Fehler im Hinblick auf gewisse Erwartungen machten, müsste man von
ihnen erwarten können, dass sie es reflektieren. «So gesehen ist
jeder seines Schicksals Schmied: Wer sich auch um andere Themen
kümmert, steht dazu auch in Verantwortung», betonte Ilgner. «Wer sich

politisch engagiert, muss sich auch an seinen Aussagen messen
lassen.» Eineindeutige Kriterien werde es aber nie geben, «weil es um
Schicksale geht und die deutsch-deutsche Geschichte in den
vergangenen 80 Jahren besondere Herausforderungen hatte».

Von diesem Jahr an werden nur noch bis zu drei Persönlichkeiten plus
der Preisträger der «Goldenen Sportpyramide» jährlich in die «Hal
l of
Fame» aufgenommen, in der inzwischen mehr als 100 Sport-Helden geehrt
werden. Das es bei Auswahl und Aufnahme auch in Zukunft zu
Kontroversen kommen kann, ist Ilgner bewusst: «Das Aushalten von
Ambivalenz schadet dem Sport nicht, im Gegenteil.»