Was lässt uns alt aussehen? Von Janne Kieselbach, dpa

Falten, Altersflecken, lichtes Haar: Wenn wir älter werden, sieht man
es uns an - ob wir wollen oder nicht. Doch nicht jeder Mensch altert
äußerlich gleich schnell. Und daran sind nicht nur die Gene schuld.

Berlin (dpa) - «Forever young» - Für immer jung wollte die deutsche
Band Alphaville bleiben, als sie den gleichnamigen Hit in den
Achtzigerjahren schrieb. «Es ist so hart, älter zu werden ohne jeden
Grund», sang Frontmann Marian Gold. Ein Leid, das viele Menschen
kennen - und das jährlich Milliarden in die Kassen der
Kosmetikindustrie spült.

Dabei lassen sich zunehmende Falten, Altersflecken und lichter
werdendes Haar nicht nur mit Cremes und Lotionen bekämpfen. Was viele
nicht wissen: Wie schnell wir äußerlich altern, hängt neben unseren
Genen ganz wesentlich davon ab, wie wir uns verhalten, wo wir leben
und wie wir mit unserer Umwelt umgehen.

Allein für Veränderungen der Haut, des größten sichtbaren Organs,
sind die Zahlen deutlich. «20 bis 30 Prozent der Hautveränderungen
werden durch genetische Faktoren bedingt. Die restlichen 70 bis 80
Prozent entstehen durch Umwelteinflüsse, zum Beispiel durch
UV-Strahlung und Luftverschmutzung», erklärt Jean Krutmann, Leiter
des Leibniz-Instituts für umweltmedizinische Forschung.

Wer verstehen möchte, warum Veränderungen unseres Aussehens so stark
mit Umwelt und Verhalten zusammenhängen, muss einen genauen Blick in
die Zellen des menschlichen Körpers werfen. «Altern betrifft nie nur
ein Organ, es altert immer der gesamte Organismus. Äußerliche
Veränderungen hängen also mit dem gesamten Alterungsprozess zusammen
und können ein Indiz für den Zustand unseres Körpers sein», sagt
Martin Denzel vom Max Planck-Institut für die Biologie des Alterns.

Ernähren wir uns fettig, trinken Alkohol, rauchen oder liegen zu
lange in der Sonne, setzen wir unseren Körper biologischem Stress
aus. Dadurch kommt es sowohl bei jungen als auch bei älteren Menschen
zu molekularen Schäden, zum Beispiel in der DNA. Solche Schäden
treten in jeder Minute tausendfach auf. Doch während ein junger
Körper sie gut überwacht und schnell repariert, ist ein älterer
Körper dazu immer weniger in der Lage. «Altern bedeutet, dass der
Körper immer schlechter mit Stress umgehen kann. In den Körperzellen
sammeln sich deshalb DNA-Mutationen. Dadurch können Organe leichter
versagen oder Tumore entstehen», erklärt Denzel.

Auf die Haut haben solche Zellveränderungen zwei sichtbare
Auswirkungen. «Das sind zum einen Veränderungen in der
Hautpigmentierung. Sie wird inhomogen und es können Alterungsflecken
auftreten. Zum anderen nimmt die Hautelastizität ab, es entstehen
also Falten», sagt Krutmann. Dabei lasse sich der Unterschied
zwischen genetisch bedingtem und äußerlich beeinflusstem Hautaltern
mit bloßem Auge erkennen. «Jeder von uns bekommt im Alter feine
Falten. Kommen jedoch Umwelteinflüsse hinzu, werden die Falten viel
tiefer. Es wird dann mehr Kollagen abgebaut, ein Protein des
Bindegewebes.»

Um herauszufinden, worunter die menschliche Haut besonders leidet,
was sie verändert und altern lässt, führen Krutmann und seine
Kollegen Tests im Labor durch. Während die schädliche, sogar
krebserregende Wirkung von UV-Strahlung oder Tabakrauch bereits gut
erforscht und nachgewiesen ist, stehen die Wissenschaftler beim Thema
Luftverschmutzung noch am Anfang. In Petrischalen bringen sie echte
Hautstücke in Kontakt mit Schadstoffen. «Bestreicht man die Haut mit
Schwebstaub, lässt sich schnell eine Bräunung feststellen», sagt
Krutmann. «Insbesondere Ruß aus Dieselmotoren hat sich als schädigend

herausgestellt.» Ob neben diesen Pigmentveränderungen auch ein
erhöhtes Risiko für Hautkrebs verursacht wird, konnte noch nicht
erforscht werden.

Ein wesentlicher Treiber für das sichtbare Altern sind neben
äußerlichen Einwirkungen auf die Haut aber auch Stoffe, die wir durch
den Mund zu uns nehmen. Erst vor wenigen Wochen kam eine in der
Fachzeitschrift «Epidemiology & Community Health» veröffentlichte
Studie der Universität Süd-Dänemark zu dem Ergebnis, dass starker
Alkoholkonsum und Rauchen äußerliche Anzeichen physischen Alterns
verursachen können. So hätten bei den Testpersonen Falten an den
Ohrläppchen, das Risiko für sogenannte Greisenbögen rund um die
Pupillen und gelblich-oranger Belag auf den Augenlidern deutlich
zugenommen. Die Forscher hatten Langzeitdaten von 11 500 Erwachsenen
aus dem Großraum Kopenhagen ausgewertet.

Immer wieder zeigt sich dabei, dass Menschen trotz ähnlicher
Umwelteinflüsse unterschiedlich schnell alt aussehen. Die schädigende
Wirkung äußerer Faktoren hängt also auch von den körperlichen
Voraussetzungen ab. «Menschen haben eine unterschiedliche genetische
Ausstattung. Es gibt Menschen, die weit über hundert Jahre alt
werden, obwohl sie geraucht oder Alkohol konsumiert haben», erklärt
Denzel. Diese Unterschiede seien häufig auch sichtbar. «Die
chronologische und die biologische Uhr können entkoppelt sein. Junges
Aussehen kann ein Anzeichen dafür sein, dass ein Mensch biologisch
jung geblieben ist.»

Auch wenn sich der Traum von ewiger Jugend also nicht gänzlich
erfüllen lässt, gibt es doch Faktoren, die Geschwindigkeit und
Sichtbarkeit unseres Alterns beeinflussen. Während wir an unseren
Genen nichts ändern können, liegen Alkohol- und Tabakkonsum,
Essensgewohnheiten, Sonnenschutz und Luftqualität in unserer Hand.
Glaubt man den Experten, altert niemand «ohne jeden Grund» - nicht
einmal die Band Alphaville.