Ein Star darf raus: Weißer Orang-Utan kommt zurück in die Freiheit Von Christoph Sator, dpa

Sie ist ein Star, und jetzt darf sie auch wieder raus: Mit der
spektakulären Rettung im vergangenen Jahr hat es das
Albino-Orang-Utan-Weibchen Alba zu weltweiter Prominenz geschafft.
Jetzt soll sie in den Dschungel von Borneo entlassen werden.

Nyaru Menteng (dpa) - Schluss mit dem Käfig, zurück in den Dschungel:

Der weltweit einzige bekannte weiße Orang-Utan, ein Weibchen namens
Alba, darf wieder in die Freiheit. Die Albino-Affendame war im
vergangenen Jahr in völlig verwahrlostem Zustand in einem Dorf auf
Borneo entdeckt worden. Jetzt ist sie wieder so gesund, dass sie im
Regenwald ihrer Heimatinsel ausgesetzt werden kann.

Aus Sorge um das extrem seltene Tier soll allerdings alles ganz
vorsichtig über die Bühne gehen. Dem Tier mit dem weißen Fell und den

strahlend blauen Augen drohen die verschiedensten Gefahren: nicht nur
von Raubtieren und möglicherweise eifersüchtigen Artgenossen, sondern
auch von menschlichen Trophäensammlern.

Insgesamt, so schätzt man, gibt es auf Borneo und der Nachbarinsel
Sumatra nur noch etwa 50 000 Orang-Utans. Die Menschenaffen mit
normalerweise rotbraunem Fell gelten heute als stark gefährdet oder
gar vom Aussterben bedroht. Insbesondere, weil der Urwald durch
Rodungen, Brände und riesige Palmöl-Plantagen immer weniger wird.

Eine wie Alba gab es in der Erinnerung der Leute hier noch nie. Der
Albino-Affe wurde im Frühjahr vergangenen Jahres von Tierschützern in
einem abgelegenen Dorf in Borneos Dschungel entdeckt. Sie war in
einen winzigen Holzkäfig eingesperrt - unterernährt, arg geschwächt,

mit starkem Sonnenbrand und Blutspuren im Gesicht. Ob diese von einem
Kampf oder von Misshandlungen stammen, ließ sich nicht mehr
feststellen.

Die Dorfbewohner behaupteten damals, dass das etwa fünf Jahre alte
Tier einfach so aufgetaucht sei, ohne seine Mutter. Niemand von
außerhalb weiß, ob das stimmt. Alba wurde dann in eine
Rettungsstation der Tierschutzorganisation Borneo Orangutan Survival
(BOS) gebracht, wo schon mehr als 400 andere Orang-Utans zuhause
sind. Dort bekam sie auch ihren Namen: Alba ist lateinisch und heißt
weiß.

Dass es auch unter Tieren Albinismus gibt, weiß man. Die weißen
Labormäuse kennt jeder. Weniger bekannt ist, dass andere Säugetiere,
aber auch Vögel und Fische von der angeborenen Stoffwechselerkrankung
betroffen sein können. Alba leidet unter schlechter Sehkraft. Die
Sorge, dass sie wegen ihres Aussehens von anderen Orang-Utans
geschnitten werden könnte, hat sich bislang allerdings nicht
bewahrheitet.

Im Gegenteil: «Alba ist der Boss», sagt der Chef der
Tierschutzorganisation, Jamartin Sihite. Im Käfig, wo sie die meiste
Zeit mit drei anderen Affen zusammenlebt, gibt sie den Ton an. Seit
der Rettung hat sie fast zehn Kilo zugenommen. Abgesehen von der
Sehschwäche ist sie völlig gesund. Deshalb ist Sihite überzeugt: «S
ie
ist so weit, dass sie wieder in den Wald gehen kann.»

Plan ist nun, Alba im Frühsommer zunächst auf eine Insel namens Salat
zu bringen, wo auch andere Orang-Utans für die Freiheit üben können.

Wegen der besonderen Umstände soll Alba aber - zusammen mit ihren
drei aktuellen Spielkameraden Kikan, Radmala und Unyu - ein eigenes
Refugium bekommen: eine Art Insel auf der Insel, nur etwa fünf Hektar
groß.

Daran wird allerdings noch gearbeitet. Es müssen ein Camp gebaut,
Kanäle ausgegraben und und Sicherheitseinrichtungen hochgezogen
werden. Das ist auch der Grund dafür, warum Alba die Station nicht
jetzt schon verlassen kann. «Im Juni oder Juli wird es soweit sein»,
sagt BOS-Chef Sihite. Nach ein paar Monaten auf der Insel soll sie
dann ganz in die Freiheit dürfen.

Wo es dann hingehen soll, will Sihite allerdings nicht verraten.
Befürchtet wird, dass das weiße Orang-Utan-Weibchen zum Opfer von
Tierjägern werden könnte. Wie in anderen Teilen der Welt gibt es auch
auf Borneo immer noch Menschen, die glauben, dass Albinos besondere
Macht und Potenz verleihen.