Lackmustest für Sondierungsergebnis: SPD Sachsen-Anhalt gespalten Von Simon Ribnitzky, dpa

Das Ergebnis der Sondierung zwischen Union und SPD ist noch frisch.
Wie reagiert die Basis der Sozialdemokraten? Am Rand eines Parteitags
in Sachsen-Anhalt zeigt sich ein geteiltes Bild.

Wernigerode (dpa) - Es ist erst wenige Stunden her, dass sich die
Parteispitzen von Union und SPD auf Koalitionsverhandlungen geeinigt
und das Ergebnis ihrer Sondierungen in Berlin präsentiert haben. Wie
die Basis darauf reagiert - das kann bereits wenige Stunden später
besichtigt werden: Am Freitagnachmittag beginnt in Wernigerode der
Landesparteitag der SPD Sachsen-Anhalt. Eigentlich steht zum Auftakt
die Landespolitik im Fokus. Doch an den Tischen und auf den Gängen
diskutieren die Delegierten vor allem über eine mögliche neue GroKo -
und die Frage: Hat die Parteispitze genug sozialdemokratische Inhalte
durchgesetzt?

Vor allem junge Delegierte tragen gut sichtbar rote Anstecker mit der
Aufschrift «NoGroko». Einer von ihnen ist Igor Matviyets aus Halle.
«Enttäuschend», nennt der junge Mann das Sondierungsergebnis. Die
sozialdemokratische Handschrift sei nicht zu erkennen. «Ein bisschen
Sozialpolitik wird mit der Gießkanne ausgeschüttet, von Zukunftsideen
keine Spur.» Matviyets, der auch Mitglied der Jusos ist, hofft, dass
der Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Bonn gegen
Koalitionsverhandlungen stimmt.

Ähnlich enttäuscht ist Grit Merker aus dem Kreisverband Magdeburg.
Reihenweise SPD-Projekte seien in den Sondierungen aufgegeben worden,
sagt sie. «Da stellt sich alles andere als Zufriedenheit ein.» Die
SPD könne nicht permanent wichtige Themen aufgeben, nur um an der
Regierung beteiligt zu sein. Sollte die GroKo doch noch scheitern,
sollte es aus Sicht der jungen Frau Neuwahlen geben.

Doch nicht alle sehen die Ergebnisse aus Berlin so negativ. Vor allem
ältere Parteimitglieder äußern sich optimistisch, dass eine große
Koalition mit genug SPD-Inhalten gelingen könnte. «Nach der Wahl war
ich auch dafür, auf jeden Fall in die Opposition zu gehen», sagt Olaf
Schmideck aus dem Kreisverband Harz. Inzwischen habe er seine Meinung
geändert. «Eine Regierungsbeteiligung kann nicht verkehrt sein.» Die

Handschrift der SPD sei in dem Sondierungspapier zu erkennen.
Schmideck nannte die paritätische Finanzierung der
Krankenkassenbeiträge, die Erhöhung des Kindergeldes und ein
Bekenntnis zu Europa.

Kornelia Keune vom Kreisverband Magdeburg fügt weitere aus SPD-Sicht
wichtige Punkte hinzu: Sicherung des Rentenniveaus von 48 Prozent und
das Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit. «Zumindest kleine
Schritte sind in dem Papier enthalten.» Wie Keune und Schmideck
sprechen sich aber auch andere Fürsprecher dafür aus, Details des
Papiers genau zu prüfen.

Landeschef Burkhard Lischka zeigt sich zunächst zurückhaltend. Im
Landesverband würden die Ergebnisse nun intensiv diskutiert. Zunächst
muss der Bundesparteitag in Bonn am 21. Januar über
Koalitionsverhandlungen entscheiden. Wird ein Koalitionsvertrag
ausgehandelt, soll es einen Mitgliederentscheid geben. «Ich bin froh,
dass am Ende 450 000 SPD-Mitglieder entscheiden», sagt Lischka.