Alterspyramide erfreut die Optikerbranche Von Roland Losch, dpa

Die alternde Generation der Babyboomer und der Trend zur passenden
Brille für jeden Zweck kurbelt das Geschäft der Augenoptiker an. Und
dann gibt es ja auch noch die aktuelle Mode.

München (dpa) - Die Augenoptiker sehen rosigen Zeiten entgegen. «Uns
spielt die Alterspyramide die nächsten 25 Jahre in die Karten», sagt
Josef May, Chef des Industrieverbands Spectaris: «Ältere Menschen
werden automatisch zu Kunden. Die geburtenstarken Jahrgänge kommen
jetzt erstmals in die Läden und kaufen Gleitsichtbrillen.» Die
Umsätze der Branche sind im vergangenen Jahr weiter gewachsen, und
«der Ausblick ist gut», sagt Augenoptiker-Präsident Thomas
Truckenbrod.

Auf der Fachmesse Opti in München zeigt die Branche ab Freitag die
neuesten Modetrends. Das Kuratorium für gutes Sehen hat einen neuen
«Mut zur Extravaganz» ausgemacht: Sechs- und achteckige Brillen,
eckige Gläser in runden Brillenfassungen und Gläser, die aus dem
Rahmen zu fallen scheinen, sind bei mehreren Ausstellern im Angebot.

Ein anderer Trend geht eher in Richtung Nostalgie - mit klassischen
Pilotenbrillen oder runden Brillen, wie John Lennon oder Bert Brecht
sie trugen. Das Gros der neuen Kollektionen sei «nicht schrill - eher
filigran, elegant, transparent», sagt May.

Auch die beiden Weltmarktführer für Brillengestelle und Gläser -
Luxottica in Italien und Essilor in Frankreich - präsentieren sich in
München. Mit ihrer angekündigten Fusion haben sie in der Branche für

einen Paukenschlag gesorgt. In Deutschland geht die Veränderung
leiser, aber stetig weiter.

Der Umsatz der augenoptischen Industrie ist um rund drei Prozent auf
4,4 Milliarden Euro gestiegen, die Augenoptiker haben um etwa
eineinhalb Prozent auf 5,8 Milliarden zugelegt, und «der Marktanteil
der Filialisten ist weiter gestiegen», sagt Truckenbrod.

Fielmann, mit weitem Abstand die Nummer eins vor Apollo und Pro,
macht mit seinen rund 600 Filialen mehr als eine Milliarde Euro
Umsatz im Jahr. Das Erfolgsheimnis? Jede einzelne Filiale
funktioniere immer noch wie ein mittelständischer Optiker, mit
ausgebildeten Mitarbeitern und ordentlicher Dienstleistung, erklären
die beiden Verbandspräsidenten. «Fielmann war der Erste, hat ein
gutes Geschäftsmodell schnell hochgefahren - da bleibt wenig Platz
für eine Kopie davon», sagt May.

Die zehn größten Ketten teilen inzwischen fast die Hälfte des
Branchenumsatzes unter sich auf. Auch Optiker mit 10 oder 20 Filialen
wachsen ordentlich, sagt Truckenbrod. «Die Entwicklung wird so
weitergehen.»

Die Konkurrenz aus dem Internet macht den Fachgeschäften wenig Angst:
Sie erwirtschaftet lediglich vier Prozent des Branchenumsatzes. Bei
Kontaktlinsen geht zwar jeder dritte Euro ins Internet - aber nur
drei Millionen Deutsche tragen Kontaktlinsen. Bei der Auswahl der
richtigen Brille wollen sich die meisten Kunden vom Fachmann beraten
lassen, sie ausprobieren und anpassen lassen.

Für jeden ganz individuell die passende Brille oder Kontaktlinse
finden, darin sieht Truckenbrod eine Zukunft auch für kleine Optiker.
Niemand müsse mit einer falschen Gleitsichtbrille mit zurückgeneigtem
Kopf auf den Computermonitor schauen, bis der Nacken verspannt sei -
eine Raumbrille mit Nahzusatz für den Blick nach unten aufs
Smartphone könne Abhilfe schaffen. Auch für Autofahrer mit
Sehproblemen bei Regen und Dunkelheit oder fehlsichtige Skifahrer
gebe es die richtige Brille.

Auf der Messe wird ein Fachgeschäft der Zukunft vorgestellt - mit
3D-Gesichtsscans, virtueller Brillenanprobe, digitaler Anpassung der
Sehstärke und Brillen aus dem 3-D-Drucker, wie sie heute schon von
einem Dutzend kleiner Hersteller in Deutschland angeboten werden.
«Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden», sagt May.
An Sehtests direkt am Bildschirm wird gearbeitet. Das sei noch
Zukunftsmusik, sagt Truckenbrod, aber: «Das dürfte die Branche
nachhaltig verändern.»