Missbrauch: US-Turnerin erhebt Vorwürfe gegen Verband

Washington (dpa) - Vor der Urteilsverkündung im Missbrauchsverfahren
gegen den ehemaligen Mannschafts-Arzt der US-Turnerinnen werden
weitere Vorwürfe gegen den US-Turnverband laut. Larry Nassar hatte
sich des sexuellen Missbrauchs schuldig bekannt. Der Verband sei zu
«100 Prozent» verantwortlich, schrieb die Turnerin Aly Raisman auf
Twitter.

Der Verband schiebe die Schuld auf die Opfer: «Wenn ihr uns nicht
geglaubt habt, dass ich und andere missbraucht wurden, warum habt ihr
uns dann unter Druck gesetzt und manipuliert?» Die Turnerinnen seien
von einem Monster missbraucht worden, dem der Verband sein Tun
jahrzehntelang ermöglicht habe. «Es war verpflichtend, sich von
Nassar «behandeln» zu lassen», sagte Raisman und forderte
weitergehende Ermittlungen zum Schutz der Sportler.

Zahlreiche ehemalige Turnerinnen, darunter Olympiasiegerin Gabrielle
Douglas, hatten Nassar Missbrauch vorgeworfen, zuletzt am Dienstag
Maggie Nichols. Auch ihr Anwalt machte den Verband mitverantwortlich,
berichtete der Sender CNN. USA Gymnastics wies Vorwürfe zurück, man
habe versucht, die Vorfälle unter den Teppich zu kehren.

Insgesamt 130 Turnerinnen und Turner reichten gegen den früheren
Mediziner der Michigan State University Klagen ein. Nassar war nach
fast zwei Jahrzehnten als Verbands-Teamarzt 2015 entlassen worden.

Er hatte sich im November in einer Anhörung teilweise schuldig
bekannt. Im Dezember wurde er wegen des Besitzes von
Kinderpornografie zu 60 Jahren Haft verurteilt. Kommende Woche soll
er für Sexualstraftaten verurteilt werden. Ihm droht eine zusätzliche
Gefängnisstrafe von 25 bis 40 Jahren.