Alarmstufe Rot: Risiko für Schweinepest-Ausbruch in Deutschland hoch

In Polen und Tschechien verenden weiter Wildschweine an der
Afrikanischen Schweinepest. Durch gezielte Bejagung wurde die Seuche,
gegen die es keinen Impfstoff gibt, bislang nicht gestoppt.
Bundesagrarminister Schmidt spricht von einer ernsten Lage.

Greifswald-Riems/Passau (dpa) -  Die Gefahr einer Einschleppung der
Afrikanischen Schweinpest (ASP) nach Deutschland ist angesichts neuer
Fälle in Polen und Tschechien weiterhin hoch. Besondere Gefahr gehe
vom Menschen aus, wie eine Sprecherin des
Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) am Dienstag sagte. So könnte die
Seuche, die von Osteuropa Richtung Westen vorrückt, sehr schnell
durch kontaminierte Essensreste, die an Raststellen entsorgt werden,
nach Deutschland eingetragen werden.

Die Seuche ist über Georgien und Russland in die EU eingeschleppt
worden, inzwischen wurde sie in sechs Mitgliedstaaten nachgewiesen.
In Polen sei die Schweinepest bis westlich der Hauptstadt Warschau
vorgedrungen. Zwischen Ende November und Anfang Januar gab es in
Polen nach Angaben des FLI 279 neue Fälle bei Wildschweinen. Die Lage
dort wurde von den Forschern als besorgniserregend eingeschätzt.

In Tschechien, wo sich das Seuchengeschehen auf die Region Zlin an
der slowakischen Grenze konzentriert, wurden seit Ende November 25
neue Fälle registriert. Im vergangenen Jahr gab es laut FLI im
Baltikum, in der Ukraine, in Rumänien, Polen und Tschechien insgesamt
248 Krankheitsausbrüche bei Hausschweinen und 3859 bei Wildschweinen.
Ein Ende scheint nicht in Sicht.

Der Erreger ist für den Menschen ungefährlich. Bei Schweinen verläuft

die Erkrankung aber in fast allen Fällen tödlich. Es gibt keinen
Impfstoff gegen die Seuche. Eine Einschleppung in Zuchtbetriebe
könnte deshalb zu großen wirtschaftlichen Schäden führen.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bezeichnete die
Lage am Dienstag als «durchaus ernst». «Wir versuchen, uns
bestmöglich vorzubereiten», sagte Schmidt der «Passauer Neuen
Presse». Er rief zu strikten Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen auf.
«Vom Schweinehalter über den Händler bis zum Reisenden muss jeder
helfen, die Ausbreitung zu verhindern.»

Seit mehreren Monaten bereiten sich Bund und Länder auf den «worst
case» eines möglichen Ausbruchs der Seuche in Deutschland vor. Die
Jagd auf Schwarzkittel wurde intensiviert, so auch am Dienstag
entlang der A2 bei Bielefeld. Rund 100 Jäger aus acht Revieren
verteilten sich auf rund 900 Hektar Wald entlang der Strecke, die als
Hauptverkehrsachse von Osteuropa über Berlin nach Nordrhein-Westfalen
gilt. Bis zum Nachmittag sollte dort eine zweistellige Anzahl von
Wildschweinen geschossen werden.

Behörden und Jagdverbände haben zudem einen Maßnahmenkatalog
erarbeitet, wie im Falle eines Seuchenausbruchs reagiert werden soll.
Demnach würden ähnlich wie in Tschechien drei Gefahrenzonen
eingerichtet. Während in der Kernzone unmittelbar um den Fundort der
Schwerpunkt der Bekämpfung auf dem Absammeln von Kadavern liege,
würden vor allem in der äußeren Pufferzone Wildschweine intensiv
bejagt. Die Forscher gehen davon aus, dass dort eine massive
Reduktion der Wildschweinpopulation um mehr als 70 Prozent
erforderlich ist, um eine Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest
zu verhindern. Dennoch ist es bislang keinem von ASP betroffenen Land
gelungen, die Seuche auszumerzen.

Der Präsident des Landesbauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern,
Detlef Kurreck, sagte, es sei nicht die Frage, ob die Seuche das Land
erreicht, sondern wann. Die Afrikanische Schweinepest werde aber
schon Auswirkungen auf Deutschland haben, bevor sie die Grenze
überschreite. Für diesen Fall brauchten die Bauern
Handlungssicherheit. Kurreck forderte vom Staat, ein System mit einer
festen Befehlskette zu installieren. Der Ernst der Lage sei bei
Jägern und Bauern erkannt.