Unterstützer enttäuscht nach Urteil zu Abtreibungs-Werbung

6000 Euro muss eine Medizinerin zahlen, die auf ihrer Webseite
Abtreibung als Leistung anbot. Nach dem Schuldspruch stellen sich
Politiker hinter die Ärztin. Doch es gibt auch Lob für das Urteil.

Gießen (dpa/lhe) - Wegen unerlaubter Werbung für
Schwangerschaftsabbrüche muss eine Ärztin aus Gießen 6000 Euro Strafe

zahlen. Das Amtsgericht verurteilte die Medizinerin Kristina Hänel am
Freitag. Belangt wurde sie für einen Link auf ihrer Internetseite.
«Der Gesetzgeber möchte nicht, dass über den Schwangerschaftsabbruch

in der Öffentlichkeit diskutiert wird, als sei es eine normale
Sache», begründete die Vorsitzende Richterin das Urteil. Bei einem
Schwangerschaftsabbruch handele es sich nicht um eine normale
Leistung wie beim Herausnehmen eines Blinddarms. Das Gericht
entsprach mit dem Urteil der Forderung des Staatsanwalts.

Am Abend demonstrierten Unterstützer der Ärztin in Frankfurt. Während

das «Bündnis für körperliche Selbstbestimmung» von 400 Demonstran
ten
sprach, zählte die Polizei 200 Teilnehmer.

Die Anwältin der Gießener Ärztin kündigte an, das Urteil mit einer

Revision anfechten zu wollen: «Ich konnte mir nicht vorstellen, dass
eine Richterin den Unterschied von Information und Werbung nicht
kennt», sagte die Verteidigerin nach dem Urteil. Ihre Mandantin habe
lediglich informiert, aber keine «appellative Werbung» betrieben.

Auch die Unterstützer der Ärztin reagierten enttäuscht und empört.

«Kristina Hänel wurde ein kurzer Prozess gemacht», erklärte die
frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Ulle
Schauws. Sie forderte eine Streichung oder Änderung des betroffenen
Paragrafen 219a. Ärzte müssten darauf hinweisen können, dass sie
Schwangerschaftsabbrüche anbieten, ohne sich strafbar zu machen.

Die Fraktion der Linken im hessischen Landtag solidarisierte sich
ebenfalls und forderte eine Änderung des Strafrechts. Ärzte müssten
straffrei über Abtreibung informieren können, begründete die
frauenpolitische Sprecherin Marjana Schott den Antrag zur Forderung
nach Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 219a. Als «nicht mehr
zeitgemäß» kritisierten auch SPD und Grüne im Landtag den Paragrafe
n.

Die CDU-Fraktion in Hessen vertrat den Standpunkt, es werde nicht in
Frage gestellt, dass Frauen sich über einen Schwangerschaftsabbruch
informieren können. Vor Gericht sei es um Werbung «mit
Preisbeispielen» gegangen. Kein Schwangerschaftsabbruch dürfe ohne
ein Beratungsgespräch vorgenommen werden mit dem Ziel, die
Schwangerschaft zu erhalten.

Der Bundesverband Lebensrecht begrüßte das Urteil. Das Werbeverbot
für Abtreibungen werde gestärkt, erklärte Vorsitzende Alexandra
Linder. Für etwas zu werben, bedeute in der öffentlichen Wahrnehmung,
dass es sich um etwas Gutes, Akzeptables, Normales handele, und
bedeute für die Werbenden, dass sie damit Geld verdienen wollten.