Husten-Affäre bei Bridge-WM: Gericht erklärt Strafen für unwirksam Von Frank Christiansen, dpa

Das vornehme Brigde-Spiel wird auch als Karten-Schach bezeichnet.
Doch hinter den Kulissen wird mit harten Bandagen gekämpft. Dafür hat
das Düsseldorfer Oberlandesgericht nun deutliche Worte gefunden.

Düsseldorf (dpa) - «Mein Lebenszweck ist zerstört, verstehen Sie?»

Immerhin hatte Entscho Wladow seine Arztpraxis aufgegeben, um sich
ganz dem Bridgespiel zu widmen. Doch dann wurde er für alle Turniere
gesperrt. Nach vier Jahren im juristischen Kampf hat Wladow am
Mittwoch vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht einen Erfolg fast auf
ganzer Linie errungen. Die Sperre war rechtswidrig. «Besser hätte es
nicht laufen können», sagt auch sein Anwalt Georg Engelbrecht nach
dem Prozess um die «Husten-Affäre» bei der Bridge-Weltmeisterschaft.


Doch so richtig freuen kann sich sein Mandant Wladow nach «vier
Jahren Quälerei» in Gerichtsverfahren nicht - und das an seinem 75.
Geburtstag. Trotz des Gerichtserfolgs stehe er schließlich vor einem
Scherbenhaufen.

Bei der Weltmeisterschaft 2013 auf Bali wurde er mit seinem
Spielpartner Michael Elinescu Senioren-Teamweltmeister. Monate nach
dem WM-Sieg wurde ihr WM-Titel wegen angeblichen Betrugs durch einen
geheimen Husten-Code plötzlich aberkannt. «Das ist eine Hexenjagd.
Die haben unseren Ruf total ruiniert», hatte sein Spielpartner
Elinescu vor der Verhandlung bereits bekräftigt.

Am Mittwoch erklärte das Gericht sämtliche Strafen gegen das
Spielerpaar für unwirksam. Die Sanktionen - lebenslange Turniersperre
als Paar und je zehn Jahre Sperre als Einzelspieler - seien
rechtswidrig gewesen und damit nichtig, sagt Richter Jürgen Kühnen.
Der Weltverband habe nicht die Befugnis besessen, die Sanktionen zu
verhängen. Und der Deutsche Bridge-Verband DBV hätte sie nicht
einfach übernehmen dürfen. Wo der DBV wenige eigene Feststellungen
getroffen habe, seien diese auch noch fehlerhaft gewesen.

«Es ist unglaublich, was da gelaufen ist. Wir sind auf eine Bande von
Betrügern und Manipulatoren hereingefallen», sagt Amateurspieler
Wladow im Gerichtsflur. Wen er meint, ist klar: Die US-Bridgeprofis
und ihre angeblichen Helfer beim Weltverband.

Richter Kühnen lässt durchblicken, was er von den
Verbandsentscheidungen hält: «Das kommt in die Nähe eines
Willkür-Urteils. Man verhängt gegen den klaren Wortlaut der eigenen
Satzung Sanktionen», sagt er. «Das ist alles auch verfahrensrechtlich
sehr verwunderlich.»

Den beiden deutschen Ärzten war vorgeworfen worden, sich den ersten
Weltmeistertitel eines deutschen Seniorenteams ergaunert zu haben.
Beide bestreiten dies vehement und beteuern ihre Unschuld: Die Monate
später vorgelegten Videoaufzeichnungen seien manipuliert. Er habe
gehustet, aber nur wegen seiner asthmatischen Bronchitis, sagt
Bridge-Spieler Wladow. «Ich habe gehustet wie verrückt. Das meiste
ist aus den Aufnahmen aber herausgeschnitten worden.»

Das Gericht spricht den Ärzten sogar Anspruch auf Schmerzensgeld zu.
Wie hoch es ausfallen wird, muss in einem gesonderten Verfahren
geklärt werden. Den WM-Titel bekommen beide durch das Urteil aber
nicht zurück. Das überschreite ihre Klage-Befugnis, befanden die
Richter. Ob nun betrogen wurde oder nicht, lässt das Gericht offen
(Az.: VI U 8/17).

In den Zuschauerreihen des Gerichtssaals verfolgt Bridge-Spielerin
Uta Düttmann (80) aus Düsseldorf das Verfahren. Sie kennt Elinescu
seit Jahrzehnten und hält ihn für exzellent: «Ich habe den Deutschen

Bridge-Verband nicht verstanden. Die hätten doch stolz sein müssen.»