Bluthochdruck schon ab einem Wert von 130 - was steckt dahinter? Von Janne Kieselbach, dpa

Mit steigendem Blutdruck wächst das Risiko für Herzinfarkt,
Schlaganfall und andere Leiden. Ab welchem Wert wird es gefährlich?
In den den USA gibt es neue Richtlinien zur Behandlung.

Berlin (dpa) - Eine Gruppe von Experten hat den Richtwert für
Bluthochdruck in den USA herabgesetzt - von bisher 140 auf 130. Mit
diesem neuen Wert gilt nun jeder dritte Bewohner der Vereinigten
Staaten als Mensch mit behandlungsbedürftigem Bluthochdruck. Was sind
die Hintergründe - und wie sieht es in Deutschland aus?

Warum ist ein zu hoher Blutdruck so gefährlich?

Die Liste der Gefahren ist lang: Bluthochdruck steigert das Risiko
für Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche, Erkrankungen der
Herzkranzgefäße, Nierenversagen und sogar Demenz. Begünstigt wird zu

hoher Blutdruck durch häufigen Alkoholkonsum, Rauchen, zu wenig
Bewegung, salz- und fleischreiche Ernährung, aber auch durch die
Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Paracetamol.

Wie viele Menschen in Deutschland haben einen zu hohen Blutdruck?

In Deutschland hat nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) fast
jeder dritte Erwachsene Hypertonie, wie der Bluthochdruck
fachsprachlich heißt. In der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen
sind es demnach sogar drei Viertel. Etwa ein Fünftel der Betroffenen
ist sich seiner Krankheit allerdings gar nicht bewusst. Das kann
verhängnisvoll sein, denn Hypertonie hat einen hohen Anteil an der
gesamten Krankheitslast im Land.

Welche Richtwerte für eine Therapie mit Medikamenten gelten in
Deutschland?

Eine gewisse Variation der Werte ist normal. Das Altern, aber auch
körperliche Betätigung können zu einer natürlichen Erhöhung füh
ren.
Bei der Diagnose des Blutdrucks schauen Ärzte auf zwei Werte: den
systolischen (oberer Wert) und den diastolischen Blutdruck (unterer
Wert). Lange Zeit galt einhellig als medizinisch vertretbar, wenn der
systolische Wert nicht über 140 lag. Alles darüber sollte mit
Medikamenten behandelt werden. Patienten, die einen erhöhten
Blutdruck haben, der aber noch unter diesem Wert liegt, wird eher
eine Änderung der Lebensweise nahegelegt - wie zum Beispiel
Sporttreiben und Abnehmen. Grund: Wie viele andere Medikamente auch
haben Blutdrucksenker Nebenwirkungen.

Warum hat sich diese Einschätzung bei vielen Experten geändert?

Das geht vor allem auf die sogenannte «Sprint»-Studie aus den USA
zurück, deren Ergebnisse vor zwei Jahren veröffentlicht wurden.
Demnach schützt eine intensive Blutdrucksenkung auf einen oberen
systolischen Zielwert von unter 120 Menschen mit Bluthochdruck besser
vor Folgen wie Herzschwäche und Herz-Kreislauf-Tod als der bisher
bevorzugte Zielwert von unter 140.

Die Ergebnisse gelten allerdings nur für bestimmte Patienten. Zudem
machten Fachleute mehrere Schwachstellen in der Analyse aus, die eine
Verallgemeinerung der Schlüsse aus ihrer Sicht nicht zulassen.
Dennoch kam es in der Folge - auch in Deutschland - zu einem Ansturm
auf Arztpraxen und Kliniken, weil viele Patienten ihre Werte als zu
hoch einschätzten und nach Medikamenten verlangten.

Ist eine intensive Senkung mit Medikamenten denn in jedem Fall
sinnvoll?

Nein. Blutdruck-Experten betonen: Die Behandlung des Blutdrucks ist
immer eine individuelle Therapie. Vorerkrankungen, Alter und
Geschlecht gehören zu den Faktoren, die beachtet werden müssen. Hinzu
kommt, dass bei einer intensiven Therapie neben anderen
Nebenwirkungen eine verringerte Leistungsfähigkeit und das Absacken
des Blutdrucks auf gefährlich niedrige Werte drohen können.

Die Deutsche Hochdruckliga hält nach Bewertung der aktuellen
Datenlage an den geltenden, moderaten Zielwerten fest: Es werde
weiter ein genereller Zielwert von unter 140/90 empfohlen, ein
niedrigerer Wert von 135/85 nur für bestimmte Risikopatienten. Selbst
der moderate Wert von 140 werde in Deutschland derzeit bei weniger
als 60 Prozent der Patienten erreicht.

Wie lässt sich Bluthochdruck vermeiden?

Hypertonie geht vielfach auf Lebensstilfaktoren zurück: Stress und
überhöhter Salzkonsum zählen nach Studienergebnissen dazu, auch
Übergewicht, Bewegungsmangel und fettreiche Ernährung. Wer es gar
nicht erst zu Bluthochdruck kommen lassen möchte, sollte also auf
seine Ernährung und seinen Lebensstil achten. Experten raten zu
regelmäßigem Ausdauersport und mehreren Portionen Obst täglich.