Wenn der Doktor hustet - Betrugsaffäre um WM-Titel im Bridge Von Frank Christiansen, dpa

Es war eine Sensation im Bridge. Erstmals holte vor vier Jahren eine
deutsche Seniorenmannschaft den Weltmeister-Titel. Die Freude währte
nicht lange, der Titel wurde aberkannt. Nun streiten zwei deutsche
Doktoren um Ruhm und Ehre - und gegen eine lebenslange Sperre.

Düsseldorf (dpa) - Michael Elinescu ist empört. «Wir sind
Weltklassespieler, das haben wir nicht nötig», sagt der 66-Jährige.
«Das ist eine Hexenjagd. Die haben unseren Ruf total ruiniert.» Der
Arzt aus Ratingen im Rheinland kämpft am Mittwoch vor dem
Düsseldorfer Oberlandesgericht nicht nur um seinen Weltmeister-Titel
im «Karten-Schach», wie Bridge genannt wird, sondern auch um seine
Ehre.

Der Titel war ihm einige Monate nach der WM 2013 auf der
indonesischen Insel Bali aberkannt worden. Angeblich hätten er und
sein Partner, der Arzt Entscho Wladow (75), sich mit einem
Husten-Code regelwidrig abgesprochen. Der Deutsche Bridge-Verband
schloss sich der Ansicht des Weltverbandes an: Die «deutschen
Doktoren», wie die Mediziner in der Szene genannt werden, hätten
betrogen.

Dem deutschen Verband war die Sache sehr unangenehm: Auch der
damalige Verbandspräsident und Jurist Ulrich Wenning war im WM-Team,
musste seinen Titel ebenfalls zurückgeben und sprach vom «größten
Skandal in der Geschichte des deutschen Bridge-Verbandes».

Doch Elinescu weist dies auch vier Jahre später energisch zurück und
vermutet eine Verschwörung von US-Profis und ihrer damaligen reichen
Sponsorin. Zwei Gutachten belegten inzwischen klar, dass die
präsentierten Aufnahmen des Geschehens im Finale gegen die USA
manipuliert worden seien, behauptet er.

«Ich kann mich nicht erinnern, auch nur einmal gehustet zu haben.
Vier Monate haben die gebraucht, um die Aufnahmen zu manipulieren»,
sagt Elinescu der Deutschen Presse-Agentur. Der deutsche Verband habe
sich dem Weltverband dann einfach angeschlossen, ohne eigene
Untersuchung.

Im deutschen Verband habe man sich zuvor Feinde gemacht, sei
unbeliebt gewesen, räumt Elinescu ein. «Mein Partner ist
temperamentvoll.» Die Husten-Affäre sei eine Gelegenheit gewesen, ihn
und Wladow aus dem Weg zu räumen.

Von den Verbänden wird die Sache anders dargestellt: Die lange Zeit
bis zur Aberkennung des Titels sei vergangen, um ganz sicher zu
gehen. Erst als das deutsche Duo bei einem weiteren Turnier erneut
den Husten-Code verwendet habe, sei man zur Tat geschritten.

Worin sich beide Seiten einig sind: Draußen war es während der WM
heiß und schwül auf Bali, nicht so im Hotel, in dem die
Weltmeisterschaft stattfand. «Die Klimaanlage hat die tropischen
Temperaturen stark runtergekühlt, viele waren erkältet», berichtet
der aktuelle Präsident des deutschen Bridge-Verbandes, Kai-Ulrich
Benthack. Er betont aber auch: «Wir sind nicht Weltklasse im Bridge.»

Disziplinarkommissionen der internationalen und nationalen
Bridge-Verbände hatten gegen Elinescu und Wladow als Paar ein
lebenslanges Teilnahmeverbot an internationalen Turnieren verhängt
sowie gegen jeden Spieler ein zehnjähriges Einzelverbot. Dagegen
hatte das Duo geklagt und vor dem Landgericht Köln einen Teilerfolg
gegen den deutschen Verband erzielt: Die Sanktionen seien zu hart.

Nun werden die Vorgänge auf Bali zum Fall für den renommierten
Kartellrichter Prof. Jürgen Kühnen in Düsseldorf. Ob er sich in
Regelwerk und Etikette des Bridge-Spiels eingearbeitet hat, wird von
beiden Seiten gespannt beobachtet.