Barmer: Betreuungsplätze für junge Pflegebedürftige fehlen Von Ruppert Mayr, dpa

Pflege ist was für alte Leute - denkt man landläufig. Doch es gibt
auch junge Pflegebedürftige, und die haben offenbar kein
ausreichendes Betreuungsangebot.

Berlin (dpa) - Das Betreuungsangebot für junge Pflegebedürftige -
Menschen vom Kindesalter bis zum 60. Lebensjahr - reicht bei weitem
nicht aus. Für sie fehlen in Deutschland Tausende Betreuungsplätze.
Das geht aus dem Pflegereport 2017 der gesetzlichen Krankenkasse
Barmer hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

Junge Pflegebedürftige könnten deshalb häufig nicht so wohnen, wie
sie es bevorzugen würden. «Für junge Pflegebedürftige geht das
Angebot an geeigneten Pflegeplätzen an deren Bedürfnissen vorbei.
Wunsch und Wirklichkeit klaffen häufig auseinander», erklärte
Barmer-Chef Christoph Straub.

Die Situation der jungen Pflegebedürftigen, die Unterstützung im
Alltag brauchen, müsse kurzfristig verbessert werden. Hier seien
Politik, Pflegekassen und Leistungserbringer gleichermaßen gefragt,
forderte Straub. Nach einer Barmer-Umfrage fehlen bei
Pflegebedürftigen unter 60 Jahren, beginnend mit dem frühen
Kindesalter, etwa 4000 teilstationäre und rund 3400
Kurzzeitpflegeplätze.

Ende 2015 waren den Angaben zufolge etwa 13,5 Prozent der knapp 2,9
Millionen Pflegebedürftigen jünger als 60 Jahre - rund 386 000
Menschen in ganz Deutschland.

Gerade für pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene bleibe der
Wunsch nach einem selbstbestimmten Wohnen häufig unerfüllt. Wie die
Umfrage von mehr als 1700 Versicherten ergab, würden gerne 35 Prozent
der 10- bis 29-Jährigen in eine Wohngruppe ziehen.

Jedoch gab etwa jeder zweite Pflegebedürftige in dieser Altersklasse
an, dass sich sein Wechsel in eine Wohngruppe, aber auch in ein
Pflege- oder Behindertenheim, deswegen zerschlagen habe, weil kein
Platz in der Einrichtung vorhanden sei.

Junge Pflegebedürftige unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von
älteren. Während der weitaus größere Teil aller Pflegebedürftigen

weiblich ist, verhalte es sich bei den jüngeren genau
entgegengesetzt. So gab es unter ihnen im Jahr 2015 «nur» 175 000
weibliche, aber 211 000 männliche Pflegebedürftige.

Insgesamt haben die jüngeren Betroffenen andere Krankheitsbilder und
leiden selten an Demenz oder den Folgen von Schlaganfällen. Nach der
Analyse des Reports haben 35 Prozent Lähmungen, 32 Prozent
Intelligenzminderungen, 24 Prozent eine Epilepsie und 10 Prozent das
Down-Syndrom.

Vor allem bei der Kurzzeitpflege gibt es dem Report zufolge massive
Versorgungslücken. So nutzen derzeit neun Prozent der jungen
Pflegebedürftigen mindestens einmal im Jahr die Kurzzeitpflege.
Tatsächlich aber würden gerne 19 Prozent auf dieses Angebot
zugreifen.

Defizite gibt es auch bei der Tagespflege, die lediglich 13 Prozent
in Anspruch nehmen, wobei 20 Prozent den Wunsch danach hegen. Für 31
beziehungsweise 27 Prozent der betroffenen Befragten waren keine
Angebote für die eigene Erkrankung vorhanden. Die ergänzenden
Pflegeleistungen, die die häusliche Pflege stärken sollen, würden
insgesamt mehr genutzt, wenn es alters- und erkrankungsspezifische
Angebote geben würde, hieß es.

Der Gesamteigenanteil für Heimbewohner liegt laut Bericht im
Durchschnitt bei monatlich 1691 Euro. Dabei sei die Streuung
beachtlich. Für ein Viertel der Einrichtungen liege er unter 1286
Euro, bei einem weiteren Viertel dagegen bei über 2053 Euro und für
ein Prozent der Einrichtungen sogar bei über 3000 Euro. Auch auf
Länderebene gibt es massive Unterschiede. So liege der
Gesamteigenanteil in Sachsen-Anhalt bei durchschnittlich 1107 Euro
und in Nordrhein-Westfalen bei 2252 Euro.

2015 gab es 13 600 Pflegeheime in Deutschland mit insgesamt 928 900
Heimplätzen. Davon entfielen den Angaben zufolge 877 100 Plätze auf
die vollstationäre Pflege, 51 400 auf die Tagespflege und 400 Plätze

auf die Nachtpflege.