Alltag Atemnot: COPD-Patienten und das Ringen um Luft Von Carolin Eckenfels, dpa

Husten, Auswurf und Luftnot kennzeichnen die unheilbare
Lungenerkrankung COPD. Die Symptome werden oftmals nicht ernst
genommen. Dabei ist Zeit ein wichtiger Faktor für die Therapie.

Frankfurt/Marburg (dpa) - Die Krankheit beginnt schleichend. Mit
Husten, der allmählich häufiger und hartnäckiger wird. Hinzu kommen
ein schleimiger Auswurf und Luftnot. Im Endstadium droht
Atemversagen. Schätzungsweise vier Millionen Menschen in Deutschland
und 400 Millionen weltweit leiden an COPD, der chronisch-obstruktiven
Lungenerkrankung, Tendenz weiter steigend. Eine Heilung gibt es
nicht. Deswegen setzt die Medizin darauf, das Fortschreiten der
Krankheit hinauszuzögern.

Je nach Stadium schränke COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease)
den Alltag stark ein, berichtet Norbert Griffel, Betroffener und
Gruppenleiter bei der «Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD
Deutschland» in Frankfurt. «Bei jeder Anstrengung bleibt die Luft
weg.» Schon das Reden kann für die Patienten kraftraubend sein. Zu
den körperlichen Belastungen kommen die psychischen: «Wenn Sie
Luftnot haben und Luft holen und keine bekommen, bedeutet das Angst
und Panik», sagt Griffel. Viele Patienten litten unter Depressionen
oder Angststörungen. Auf die Situation der Betroffenen soll der
Welt-COPD-Tag am 15. November aufmerksam machen.

«Leider ist es überwiegend eine Erkrankung der Raucher», sagt Henrik

Watz, Pneumologe und Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für
Lungenforschung. Zumindest in Deutschland sei der Griff zur Zigarette
das größte Risiko dafür. «Deswegen ist Prävention so wichtig.»

Wahrscheinlich erkranke jeder dritte bis vierte Raucher daran,
erläutert der Lungenarzt. Auch manche Berufsgruppen wie Bergleute,
die Umweltfaktoren wie Feinstaub ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes
Krankheitsrisiko. In anderen Regionen der Welt, gerade in
Schwellenländern Asiens, gelten auch das Kochen und Heizen mit
offenem Feuer als Ursache.

Die Erkrankung schreitet langsam und oft unbemerkt voran. «Viele
Menschen leben jahrelang mit den Anzeichen einer COPD, ohne zu
wissen, dass es sich um diese schwere Krankheit handelt», heißt es
beim «Kompetenzzentrum Asthma und COPD» im hessischen Marburg. Die
Alarmzeichen sind: Husten vor allem am frühen Morgen, ausgeworfener
zäher Schleim sowie Atemnot, die anfangs nur bei körperlicher
Anstrengung auftritt.

«Ich dachte, das sei so, weil ich älter werde» - das berichteten
Betroffene immer wieder, sagt Petra Knöpfle von der Kasseler Gruppe
der «Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland». Die
Erkrankung sei noch zu wenig bekannt.

Die Lungenkrankheit verändert auch das Leben von Partner und Familie:
«COPD bedeutet 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche Sorgen»,
sagt Knöpfle, deren Mann betroffen ist. Gemeinsam hat das Paar die
Selbsthilfegruppe in Kassel ins Leben gerufen. «Es ist kein normaler
Alltag möglich. Sie können keine Pläne schmieden.» Jederzeit könn
e es
dem Kranken schlechter gehen, schon ein Wetterumschwung reiche aus.
Bestimmte Reinigungsmittel im Haus seien ebenso tabu wie Kerzen an
Weihnachten. Eben alle Stoffe und Partikel, die der Lunge noch mehr
zusetzen können.

Die Krankheit hat auch soziale Folgen, wie Knöpfle weiter erzählt.
«Es besteht die Gefahr, sich in eine Spirale der Isolation
hineinzubewegen.» Aus Angst vor der Atemnot bewegten sich Betroffene
immer weniger und blieben zu Hause. Zudem müssten sich Patienten
mitunter gegen Vorwürfe von außen wehren: Hättest du mal nicht
geraucht, hieße es dann.

Die Medizin unterscheidet mehrere Schweregrade der COPD: beginnend
mit Husten am Morgen und Atemnot nur bei starker körperlicher
Anstrengung bis hin zum Auflösen der Lungenbläschen und permanenter
Atemnot - dann kann auch jede Erkältung lebensgefährlich sein. Es
gebe eine hohe Wahrscheinlichkeit, an der COPD oder an
Begleiterkrankungen wie Lungenkrebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder
Schlaganfall zu sterben, sagt Henrik Watz. Weltweit betrachtet ist
die COPD nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO die
vierthäufigste zum Tode führende Erkrankung.

Zur Therapie gehört, die Lunge nicht weiter zu belasten - also das
Rauchen aufzugeben oder sich von Stäuben fernzuhalten. Medikamente
sollen den Patienten wieder leichteres Luftholen ermöglichen. Zudem
müssen sie vor Infekten geschützt werden, denn die verschlimmern die
Krankheit. Also brauchen die Betroffenen einen guten Impfstatus. Ganz
besonders wichtig sei aber regelmäßige Bewegung und spezieller
Lungensport, sagt Pneumologe Watz. «Das ist das A und O.» Ansonsten
gerieten die Patienten in eine fatale Abwärtsspirale.