Koalitionsgespräche in Niedersachsen: Diese Punkte sind strittig

Bildungspolitik, Innere Sicherheit, Finanzen: Bei ihren Verhandlungen
über eine gemeinsame Regierung in Niedersachsen haben SPD und CDU
eine ganze Reihe von Themen, bei denen ihre Positionen zum Teil weit
auseinanderliegen.

Hannover (dpa) - Gut drei Wochen nach der Landtagswahl in
Niedersachsen sind SPD und CDU am Dienstag zu ihrem ersten
Koalitionsgespräch in der Chefrunde zusammengekommen. Unter Führung
von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und CDU-Landeschef Bernd
Althusmann prüfte die Runde vor allem die Finanzlage des Landes und
diskutierte über erste Ergebnisse der Arbeitsgruppen zu einzelnen
Kapiteln des Koalitionsvertrags. Zwischen den Parteien gibt es noch
diverse strittige Punkte und ambitionierte Investitionsvorhaben,
deren Finanzierung geprüft werden muss.

BILDUNGSPOLITIK

Die stärksten Differenzen zwischen SPD und CDU gibt es ausgerechnet
bei dem Punkt, den vor der Wahl die meisten Menschen als sehr wichtig
für ihre Wahlentscheidung genannt hatten: der Schul- und
Bildungspolitik. Die CDU fordert eine einjährige Pause bei der
Inklusion - also dem gemeinsamen Lernen von Schülern mit und ohne
Behinderung. Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen sollen erhalten
bleiben. Die SPD will die Inklusion vorantreiben und die Förderschule
Lernen abschaffen. Zudem will die CDU wieder die
Schullaufbahnempfehlung einführen, die Eltern mitteilt, welche Schule
ihr Kind nach Klasse 4 besuchen soll. Die SPD lehnt das ab.

INNERE SICHERHEIT

Die CDU fordert für terroristische Gefährder mit deutschem Pass die
Möglichkeit einer Gewahrsamshaft von bis zu 18 Monaten. Dieses auch
verfassungsrechtlich umstrittene Vorhaben lehnt die SPD ab.
Politische Akteure in Hannover gehen davon aus, dass die CDU diese
Forderung im Laufe der Koalitionsverhandlungen zurücknehmen wird. Auf
Widerstand der SPD dürfte auch der Plan der CDU stoßen,
Bundeswehr-Soldaten für den terroristischen Katastrophenfall im
Inneren einzusetzen.

FINANZEN

Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen ist die Haushaltslage in
Niedersachsen derzeit entspannt. Während die SPD jedoch die
Mehreinnahmen in die Sanierung von Infrastruktur und Krankenhäusern
sowie in Bildung und Digitalisierung investieren möchte, plädierte
die CDU in ihrem Wahlprogramm dafür, einen Teil für die Tilgung der
Schulden zu verwenden. Nach Angaben des Finanzministeriums hat das
Land gegenwärtig 58,2 Milliarden Euro Schulden. Die Chefrunde der
Koalitionsparteien machte nach ihrem Treffen am Dienstag noch keine
Angaben, was finanzierbar ist und was nicht.

AGRAR- UND UMWELTPOLITIK

Die SPD hat mit ihrem bisherigen grünen Koalitionspartner viele
Reformen bei Tierschutz und Umweltschutz angeschoben und zum Teil
auch umgesetzt. Nicht verabschiedet wurde die geplante Reform des
Wassergesetzes, die ein Verbot von Pflanzenschutz- und Düngemitteln
an Flussrändern vorsah. Für viele Bauern im Agrarland Niedersachsen
ist das geplante neue Wassergesetz ein rotes Tuch. Die SPD will auch
künftig am Schutz von Gewässerrandstreifen festhalten, um den
Nitrateintrag zu verringern. Die CDU dagegen will Gewässerschutz auf
Basis der freiwilligen Kooperation stellen und nicht verordnen.