Datenschutzbeauftragter schlägt Gütesiegel für Gesundheits-Apps vor Von Oliver von Riegen, dpa

Mehr als 100 000 Gesundheits-Apps gibt es inzwischen. Damit können
Patienten Vorsorge betreiben und Ärzte mobil über Krankheiten
verständigen. Das birgt Gefahren, warnen die Landesregierung der
oberste Datenschützer von Rheinland-Pfalz. Was also tun?

Mainz (dpa/lrs) - Die rheinland-pfälzische Landesregierung und der
oberste Datenschützer des Landes warnen die Bürger vor Risiken bei
der Anwendung von Gesundheits-Apps. «Die Daten unterliegen dem
Arztgeheimnis und müssen vor unbefugter Kenntnisnahme geschützt
sein», sagte der Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann der
Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Es geht um medizinische Apps, die
Teil der Vorsorge sein können und bei denen ein Patient zum Beispiel
bestimmte Werte eingibt. «Da ist es wichtig, dass sie verlässlich
sind und die Werte stimmen. Auch muss man wissen, was mit den Daten
passiert.»

Verbraucherschutzministerin Anne Spiegel (Grüne) hält ebenfalls mehr
Datenschutz für notwendig. «Die bestehenden rechtlichen
Rahmenbedingungen müssen kontinuierlich an die voranschreitende
Digitalisierung angepasst werden, um Verbraucherinnen und Verbraucher
zu schützen», erklärte Spiegel. Die Verbraucherschutzminister der
Länder forderten strenge Mindestkriterien für die Apps und eine
Voreinstellung der Geräte für mehr Schutz der sensiblen Daten. Eine
Diskussionsrunde beschäftigt sich am Montag nächster Woche unter dem
Motto «Der vermessene Verbraucher» mit dem Thema.

Der oberste Landesdatenschützer fordert, dass der Gesetzgeber mit den
Kammern der Heilberufe und den Krankenkassen einen rechtlichen Rahmen
prüft. Er schlägt ein Gütesiegel vor: «Wir überlegen gemeinsam mi
t
der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, ob man ein Gütesiegel
entwickeln kann, wo Datenschutz- und Verbraucherschutzrecht wie auch
technische Aspekte geprüft werden, die ein Arzt dann guten Gewissens
nutzen könnte», sagte Kugelmann. Möglich wäre aus seiner Sicht auch
,
das Medizinproduktegesetz auszuweiten und mehr Apps dort
hereinzunehmen.

Der Bereich ist nach Ansicht des Experten relativ ungeregelt. «Es
gibt keinen TÜV oder keine Qualitätskontrolle, es gibt nur ein
Medizinproduktegesetz, das eine Zertifizierung vorsieht», sagte
Kugelmann. Teilweise zertifizieren sich aber die Hersteller nach
seinen Angaben selbst - und wie intensiv geprüft wird, sei unklar.
Außerdem seien die Kriterien bisher nicht klar auf Daten- und
Verbraucherschutz ausgerichtet. «Wenn etwas schief geht und die
Blutwerte öffentlich gemacht werden, geht es darum, wer
verantwortlich ist und wo die hochsensiblen, hochspannenden Daten
gespeichert werden und nach welchem Recht», sagte Kugelmann.

Krankenkassen bieten eigene Apps - die Techniker Krankenkasse (TK)
zum Beispiel das Diabetes-Tagebuch. Nach Angaben von TK-Landesleiter
Jörn Simon gelten dafür die in Deutschland höchsten
Sicherheitsstandards für die Daten. «Die TK hat lediglich Kenntnis
davon, ob ein Kunde eine Gesundheits-App der TK nutzt (zum Beispiel
das Diabetestagebuch). Die eigentlichen Gesundheitsdaten werden
pseudonomysiert und können daher dem jeweiligen Versicherten nicht
zugeordnet werden.» Er betont: «Natürlich ist die Nutzung jeder
Gesundheits-App neben Chancen auch mit Risiken verbunden.» Deshalb
fordert die TK eine Klassifizierung der Angebote für Verbraucher.

Nach Einschätzung von Kugelmannn fehlt es für Patienten bisher an
Orientierung. «Eine bloße Einwilligung der Patienten würden wir
durchaus kritisch sehen», sagte er. «Für den Patienten ist es
schwierig, denn er will gesund werden und soll dafür eine solche App
nutzen können.» Es gebe aber auch Anforderungen an Ärzte. «Die Frag
e
ist, ob sie etwas verschreiben können, was in Apps empfohlen oder mit
der Nutzung von Apps verbunden wird. Bei den Ärzten ist eine
Sensibilisierung für solche Gesundheits-Apps erforderlich.» Für
Kassen gehe es darum, ob sie etwa für private Apps zahlten.