Holprige Personalaufstellung bei SPD - Klingbeil soll General werden

Die SPD tauscht nach dem Wahldebakel einiges Personal aus. Parteichef
Schulz stößt dabei reihenweise Genossen vor den Kopf. Es knatscht an
vielen Ecken. Doch zumindest der große Knall in der Fraktion bleibt
aus.

Berlin (dpa) - Die personelle Neuaufstellung der SPD nach dem
Wahldesaster gestaltet sich schwierig. Die Parteispitze nominierte am
Montag den SPD-Digitalexperten Lars Klingbeil als künftigen
Generalsekretär. Der Personalvorschlag von SPD-Chef Martin Schulz
sorgt parteiintern jedoch für Unmut. Überschattet wurde Klingbeils
Vorstellung vom Abgang der SPD-Bundesgeschäftsführerin Juliane
Seifert. Sie kündigte ihren sofortigen Rückzug an, nachdem sich
Schulz auf die Suche nach einer Nachfolgerin für sie gemacht hatte
und dies an die Öffentlichkeit gedrungen war. Geräuschloser ging es
in der Fraktion zu: Die Abgeordneten nominierten den bisherigen
Fraktionschef Thomas Oppermann für den Posten des
Bundestagsvizepräsidenten. Eine heikle Kampfabstimmung blieb aus.

Bei der Bundestagswahl war die SPD mit Kanzlerkandidat Schulz auf
20,5 Prozent abgestürzt - ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis.
Schulz will trotzdem an der Parteispitze bleiben und im Dezember
erneut für den Vorsitz kandidieren. Auf dem Parteitag soll Klingbeil
zum neuen Generalsekretär gewählt werden.

Schulz sagte, der 39-Jährige verkörpere nicht nur wegen seines Alters
einen Generationswechsel. Er sei einer der profiliertesten
Digitalpolitiker und stehe wie kein anderer für ein Thema, das die
Partei programmatisch, aber auch mit Blick auf Parteistrukturen sehr
beschäftigen werde. Klingbeil sagte, er wisse um die schwierige Lage
der SPD, habe aber große Lust auf die Aufgabe. «Ich trete an für die

Erneuerung der SPD.»

Schulz' Personalvorschlag war bereits in der vergangenen Woche
bekanntgeworden - und prompt auf Kritik gestoßen. Die SPD-Frauen
hatten sich eine weibliche Besetzung des Generalsekretärs-Postens
gewünscht. Auch in Sachen Parteiarithmetik kam die Personalie nicht
ganz günstig. Schließlich hat die SPD in der Opposition nur noch
wenige prominente Posten zu besetzen. Klingbeil ist Niedersachse und
gehört dem konservativen Seeheimer Kreis der SPD an. Die Parteilinke
fühlt sich nicht genug berücksichtigt. Noch dazu weil mit Oppermann
nun ebenfalls ein Niedersachse und Seeheimer in das
Bundestagspräsidium aufrückt. Und ein Mann mehr.

Ursprünglich hatten sich auch die Ex-Gesundheitsministerin Ulla
Schmidt, die seit 2013 im Bundestagspräsidium sitzt, und die
bisherige Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht um den
Bundestagsvize-Posten beworben. Die beiden zogen ihre Kandidatur am
Montag aber kurz vor dem Votum in der Fraktion zurück und machten so
den Weg frei für Oppermann.

Eine Kampfabstimmung blieb damit aus. Da sich Fraktionschefin Andrea
Nahles und auch Schulz deutlich für Oppermann auf dem Posten
ausgesprochen hatten, wäre eine Niederlage des Niedersachsen auch für
die beiden Führungsleute der SPD ein schwerer Dämpfer gewesen.
Allerdings fiel Oppermanns Ergebnis nicht berauschend aus: Er bekam
90 von 146 abgegebenen gültigen Stimmen, 39 Abgeordnete votierten
gegen ihn, 17 enthielten sich.

Ein öffentliches Zerwürfnis bleibt im Fall von Seifert. Sie sagte der
dpa: «Nach den Vorkommnissen der vergangenen Woche sind für mich die
Voraussetzungen nicht mehr gegeben, die ich brauche, um für die
großen vor uns liegenden Aufgaben einen guten Beitrag leisten zu
können.» Am Freitag war bekannt geworden, dass Schulz die
Noch-Juso-Chefin Johanna Uekermann zu Seiferts Nachfolgerin hatte
machen wollen - was er nun bestätigte.

Schulz hatte mit Uekermanns Berufung auch ein Versöhnungszeichen an
die Frauen und die Linken in der SPD senden wollen. Die fühlen sich
bei den jüngsten Personalentscheidungen nicht ausreichend
berücksichtigt. Schulz' Taktik ging jedoch nicht auf: Uekermann
lehnte das Angebot ab, Seifert wurde öffentlich bloßgestellt, und der
Posten bleibt nun vorerst unbesetzt.

«Die SPD hat in den letzten Tagen kein gutes Bild abgegeben», räumte

Schulz ein. «Dafür bin ich als Vorsitzender naturgemäß mit
verantwortlich.» Die SPD brauche «mehr Kommunikationsdisziplin, vor
allen Dingen nach außen». Mit Blick auf den internen Unmut über
Postenbesetzungen - mit Blick auf Geschlecht, Parteiflügel und
Landesverbände - mahnte er: «Wir müssen uns von diesem Proporzdenken

lösen.»