Schönheitswettbewerb gegen HIV-Stigma - Uganda krönt «Mr & Miss Y +» Von Henry Wasswa und Gioia Forster, dpa

Rund 1,5 Millionen Ugander leben mit HIV. Jahrzehntelange Kampagnen
haben die Zahl der Ansteckungen reduziert - doch Diskriminierung in
der Gesellschaft besteht weiterhin. Ein ungewöhnlicher Wettbewerb in
Ugandas Hauptstadt Kampala geht dagegen vor.

Kampala (dpa) - Eine Uganderin läuft mit einem Kleid aus Federn über
den beleuchteten Catwalk. In ihrer Hand ein Regenschirm, ebenfalls
übersäht mit Vogelfedern. Eine weitere junge Frau präsentiert stolz
ihren selbstgebastelten Rock aus etlichen Medizinfläschchen, dazu
eine passende Kette. In dieser Runde des Schönheitswettbewerbs sollen
die Kandidaten Charakter und Kreativität zeigen. Denn bei dem
ungewöhnlichen Wettbewerb in Ugandas Hauptstadt Kampala geht es
weniger um Schönheit, sondern darum, wie die jungen Menschen mit
ihrer wohl größten Herausforderung umgehen: HIV.

«Ich habe in meiner Heimat schwer gelitten, weil das ganze Dorf
erfahren hat, dass ich HIV habe, und mich ausgelacht hat», sagt die
frisch gekrönte Siegerin des Abends, Gloria Nawanyaga, die strahlend
das Feder-Outfit präsentiert hatte. «Ich wurde verachtet.» Die
23-Jährige will verhindern, dass andere HIV-positive Menschen
ähnliches durchmachen müssen. «Als zukünftige Anwältin werde ich
mit
dieser Krone für die Rechte junger Menschen mit Aids kämpfen.»

Mit dem Schönheitswettbewerb «Mr & Miss Y+» will der Veranstalter,

die Aidshilfe-Organisation UNYPA, das mit einer HIV-Infektion
verbundene Stigma bekämpfen. Y+ steht für «youth positive» («Juge
nd
positiv»). Im ostafrikanischen Uganda mit einer Bevölkerung von mehr
als 41 Millionen Menschen leben der UN-Organisation gegen Aids
zufolge rund 1,5 Millionen HIV-Infizierte. Dank entsprechender
Medikation können sie den Ausbruch einer Aids-Erkrankung vermeiden
und weitgehend ein normales und langes Leben führen. Die
gesellschaftliche Diskriminierung von HIV-Positiven besteht jedoch
weiter, bis hinein in die Familien.

«Das Leben war immer schwer für mich, vor allem in der Schule, wo die
anderen mich auslachten, weil ich HIV hatte», sagt der neu gekrönte
«Mr Y+», Huzairu Nyanzi. Heute leitet der 21-Jährige eine Aids-Gruppe

in Kampala. «Ich habe das Trauma bewältigt. Und jetzt bin ich stolz,

diesen Wettbewerb gewonnen zu haben.»

18 Ugander im Alter von 13 bis 24 Jahren hatten es beim diesjährigen
Wettbewerb ins Finale geschafft. In einem Hotel in Kampala laufen die
jungen Männer und Frauen am Samstagabend zu Live-Musik und bunten
Lichtern über den Laufsteg. Stolz präsentieren sie kreative Outfits
oder elegante Abendroben. Jeder Kandidat muss Fragen beantworten,
etwa: «Wie hast du das HIV-Stigma überwunden?». Mehr als 400 vor
allem junge Zuschauer klatschen und jubeln den Kandidaten zu.

Bereits seit 2014 veranstaltet UNYPA den Wettbewerb. Vorbild war eine
ähnliche Kampagne in Botsuana, einem der Länder mit den höchsten
HIV-Infektionsraten im südlichen Afrika. «Wir wissen, dass dieser
Schönheitswettbewerb das effektivste Mittel im Kampf gegen das
HIV-Stigma und die Krankheit Aids ist», sagt UNYPA-Direktor Jacquelyn
Alesi. Demnach nahmen in diesem Jahr rund 500 Ugander teil, im
vergangenen Jahr waren es 350.

Uganda war einst schwer von HIV/Aids betroffen. Dank Kampagnen, die
unter anderem für die Verwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr
warben, sanken die Infektionszahlen erheblich. Derzeit haben rund 7,1
Prozent der 15- bis 49-Jährigen HIV. «Ugandas Epidemie hat sich
stabilisiert», teilten die US-Zentren für Krankheitskontrolle und
Prävention mit. Doch noch immer infizieren sich rund 100 000 Menschen
pro Jahr. «HIV und Aids sind nach wie vor eine sehr große
Herausforderung für die öffentliche Gesundheit», heißt es in einem

Bericht der nationalen Aids-Kommission.

Die Veranstalter des Schönheitswettbewerbs wissen, dass der Kampf
längst nicht vorbei ist. In der Gesellschaft das Bewusstsein für
HIV/Aids zu stärken, ist dabei mit das Wichtigste - und Hauptziel von
«Mr & Miss Y+». «Ich bin mit HIV geboren», sagt die 22-jährige

Zuschauerin Prossy Nassanga. Ihre Tochter sei auch infiziert. «Ich
habe gemerkt, wie sehr dieser Schönheitswettbewerb hilft, die
Diskriminierung von HIV-Positiven zu reduzieren.»