Nashorn-Schmuggel wird raffinierter: Schmuck statt ganzer Hörner Von Jürgen Bätz, dpa

Ein ganzes Horn eines Nashorns kann der Zoll beim Röntgen noch leicht
erkennen. Armreifen, Anhänger oder Kugeln aus Horn dagegen sind
leicht zu verstecken. Wilderer in Afrika könnten darum bald noch mehr
der gefährdeten Tiere erlegen.

Johannesburg (dpa) - Die Kreativität der Nashorn-Schmuggler kennt
kaum Grenzen: Die wertvollen Rhinozeros-Hörner werden für den Export
nach Asien in Recycling-Fracht versteckt, in elektrische Spulen
eingebaut, in Weinladungen oder Buddha-Statuen versteckt. Für Polizei
und Zoll war es schon bisher schwer genug, die illegale Ware
aufzuspüren. Doch inzwischen seien die Schmuggler noch raffinierter
geworden, warnt die Artenschutzorganisation Traffic zum
Welt-Nashorn-Tag am Freitag (22.9.)

In Südafrika, wo rund 80 Prozent der Nashörner des Kontinents leben,
gibt es immer mehr illegale Werkstätten, die die Hörner vor dem
Export nach Asien zu kleineren Produkten wie Armreifen, Anhängern
oder Pulver verarbeiten, heißt es in einer aktuellen Traffic-Studie.
Die Objekte würden oft mit Wachs oder Aluminium ummantelt und seien
beim Röntgen von Fracht und Gepäck nur schwer zu erkennen. Deswegen
sei es entscheidend, dass die betroffenen Länder, allen voran
Südafrika, Polizei und Zoll rasch besser organisierten und
ausrüsteten, forderte Traffic.

«Die Syndikate wollen keine ganzen Hörner mehr exportieren», erklär
t
der Leiter der Artenschutz-Abteilung von Südafrikas Polizei, Johan
Jooste. «Sie haben damit angefangen, sie in sogenannte Scheiben oder
Kugeln zu schneiden, um die Marktnachfrage zu bedienen und um nicht
erwischt zu werden», zitiert Traffic Jooste weiter. Die Nachfrage
nach Rhinozeros-Horn in Asien, vor allem in Vietnam und China, hält
demnach ungebrochen an. Dort wird das Horn zu hohen Preisen zur
Zierde gekauft oder zur Verarbeitung zum Pulver für die traditionelle
chinesische Medizin - obwohl es keinerlei wissenschaftlichen Hinweise
für eine Wirksamkeit gibt.

In Südafrika wurden innerhalb von zehn Jahren rund 7000 Nashörner von
zumeist schwer bewaffneten Wilderern getötet, vor allem im
Krüger-Nationalpark an der Grenze zu Mosambik. Der Export werde von
chinesischen Syndikaten kontrolliert, so Traffic. Inzwischen ließen
die Netzwerke Hörner immer häufiger in Südafrika verarbeiten, sei es

zu Pulver oder zu Armreifen und anderen Schmuckgegenständen, erklärte
Traffic. Die Traffic-Studie stützt sich auf Daten von 456
Beschlagnahmungen von Horn und daraus hergestellten Produkten seit
2010. Seither seien weltweit schätzungsweise nur fünf Tonnen Horn
beschlagnahmt worden, Wilderer hätten aber etwa 37 Tonnen erbeutet.

Südafrikas Regierung bekämpft die Wilderei mit durchwachsenem Erfolg.
Nach Angaben des Umweltministeriums wurden im vergangenen Jahr 680
Wilderer und Mittelsmänner festgenommen - mehr als doppelt so viele
wie im Jahr davor. Experten zufolge darf angesichts der hohen
Wilderei-Zahlen von rund 1000 getöteten Tieren pro Jahr jedoch
keinesfalls Entwarnung gegeben werden.

«Die Wildtiermafia fällt in die ländlichen Gebieten ein, wo der Staat

an vielen Fronten überfordert ist. Trotz erheblicher Bemühungen
fehlen oftmals die Ressourcen, um es mit den hochgerüsteten Banden
aufzunehmen», sagt Katharina Trump, Expertin für
Wildartenkriminalität beim WWF Deutschland.

Zudem sind Artenschützer besorgt, weil es in Folge einer
Gesetzeslücke in Südafrika im August erstmals eine Auktion für
Rhinozeros-Hörner aus einer privaten Aufzucht gab. Dies werde zu
einer «erheblichen Erschwernis für die Strafverfolgung» und zum
Anfeuern der «Nachfrage und damit auch der Wilderei» führen, warnt
der WWF. «Die legalen Bestände werden niemals ausreichen, um den
Bedarf zu decken.» Private Nashornzüchter in Südafrika argumentieren

hingegen, dass ein legaler Handel der Wilderei die Geschäftsgrundlage
nehmen könnte.

In Afrika gibt es Schätzungen zufolge nur noch 20 000 bis 25 000
wildlebende Breitmaul- und Spitzmaulnashörner. Außerhalb des
Kontinents kommen Nashörner noch in Indonesien, Indien und Nepal in
freier Wildbahn vor. Dort soll es Schätzungen zufolge etwa 3500 Tiere
geben. Der Handel mit dem Horn von Nashörnern ist international seit
rund vier Jahrzehnten verboten.