Keine Hilfe in Bankfiliale geleistet: Gericht verhängt Geldstrafen

Ein hilfloser Rentner liegt vor einem Geldautomaten in einer Essener
Bank. Kunden ignorieren ihn, er stirbt später. Nun müssen drei
Angeklagte eine Geldstrafe wegen unterlassener Hilfeleistung zahlen.
Der Richter wirft ihnen Gleichgültigkeit vor.

Essen (dpa) - Sie hatten einen zusammengebrochenen 83-Jährigen im
Vorraum einer Bank ignoriert: Wegen unterlassener Hilfeleistung sind
in Essen zwei Männer und eine Frau zu Geldstrafen verurteilt worden.
Der Rentner sei ihnen einfach gleichgültig gewesen, sagte Amtsrichter
Karl-Peter Wittenberg am Montag bei der Urteilsbegründung. Die drei
Bankkunden hätten billigend in Kauf genommen, dass da jemand liege,
der Hilfe benötige. «Keiner wollte Hilfe leisten.»

In dem Prozess vor dem Amtsgericht Essen-Borbeck hatten die
Verteidiger der 39 Jahre alten Frau sowie der 55 und 61 Jahre alten
Männer Freisprüche gefordert. Alle drei sagten aus, den mitten im
Raum liegenden 83-Jährigen für einen schlafenden Obdachlosen gehalten

zu haben. Sie bedauerten ihr Verhalten. «Es tut mir wirklich sehr,
sehr leid», sagte der 61-Jährige.

Ein Polizeibeamter, der mit einer Kollegin zu der Bank gerufen worden
war, schilderte am Montag: «Für uns war klar, dass es sich nicht um
einen Obdachlosen handelt.» Das Gericht verurteilte die Frau zu einer
Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro (90 Tagessätze). Der 61-Jährige muss

2800 Euro zahlen, der 55-Jährige 2400 Euro (je 80 Tagessätze). Zwei
Anwälte kündigten nach dem Prozess Berufung an.

Überwachungskameras hatten den Vorfall am 3. Oktober vergangenen
Jahres dokumentiert. Auf den Videos ist zu sehen, dass sich insgesamt
vier Bankkunden nicht um den zuvor schwer gestürzten Mann kümmerten.
Erst ein fünfter rief die Polizei. Der Rentner kam nicht mehr zu
Bewusstsein und starb eine Woche später im Krankenhaus. Ein
Rechtsmediziner sagte in dem Prozess als Gutachter, dass ein
schnelleres Eingreifen eines Notarztes nicht zwingend zum Überleben
des Mannes beigetragen hätte.

Die Angeklagte sagte, sie sei schon öfter von Obdachlosen belästigt
worden. Ihr Verhalten beschrieb sie so: «Ich gehe einfach nur rein,
mache meine Erledigungen und gehe wieder.» Der 61-Jährige betonte, er
habe früher schon einmal jemanden angesprochen und sei dann
beschimpft worden.

Der 83-Jährige war aus medizinisch ungeklärten Gründen innerhalb
weniger Minuten drei Mal umgekippt und mit dem Kopf aufgeschlagen.
Dabei erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma, das nach Angaben des
Rechtsmediziners am Ende zu seinem Tod führte. Als die Polizei
eintraf, konnte der Mann noch seinen Namen nennen.

Am Montag standen drei der vier beschuldigten Bankkunden vor Gericht.
Das Verfahren gegen den vierten Angeklagten wurde wegen dessen
Gesundheitszustandes abgetrennt.