Der elterliche Schoß und das Smartphone: Risiken auf dem Spielplatz Von Anne Voigt, dpa

Manche Eltern weichen ihrem Kleinkind auf dem Spielplatz kaum von der
Seite. Andere starren hingegen immerzu aufs Handy. Experten raten von
beidem ab.

Chicago/Berlin (dpa) - Viele schwere Verletzungen auf Spielplätzen
könnten Eltern nach Ansicht von Experten vermeiden. So steigt laut
einer US-Untersuchung das Risiko eines Beinbruchs, wenn Kleinkinder
auf dem Schoß eines Erwachsenen rutschen statt alleine. Zudem warnt
Inke Ruhe, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft «Mehr
Sicherheit für Kinder», Eltern davor, sich auf dem Spielplatz
vom Smartphone ablenken zu lassen.

Sie verweist auf eine Untersuchung aus Österreich. Demnach hat sich
seit den Anfängen der Smartphone-Ära im Jahr 2008 bis zum Jahr 2015
die Zahl der Unfälle auf Spielplätzen von Kindern unter fünf Jahren
mehr als verdreifacht. «Dieser Anstieg könnte auf den Faktor
"Ablenkung« durch die zunehmende Smartphone-Nutzung zurückzuführen
sein», heißt es in der Untersuchung des Kuratoriums für
Verkehrssicherheit (KFV) aus dem vergangenen Jahr.

Beobachtungen ergaben demnach, dass neun von zehn Aufsichtspersonen
nicht ganz bei der Sache seien - in knapp der Hälfte der Fälle war
das Handy der Grund. «Schon wenige Sekunden der Unachtsamkeit reichen
aus, um einen drohenden Sturz von der Schaukel oder das Einklemmen
von Fingern auf der Wippe nicht rechtzeitig erkennen zu können»,
sagte KFV-Direktor Othmar Thann dazu.

Aus US-Daten geht hervor, dass zudem Rutschen auf dem Schoß der
Eltern besonders gefährlich ist. Forscher hatten sich knapp 12 700
dokumentierte Rutsch-Unfälle in den USA genauer angeschaut. «Die
häufigsten Verletzungen durch Rutschunfälle bei Kleinkindern sind
Brüche der unteren Extremitäten. Die Hauptursache dafür ist, auf
dem Schoß einer anderen Person zu rutschen», schreiben die Forscher

um Charles Jennissen von der Universität von Iowa. Ihr Ergebnisse
wollen sie am Montag (18.9.) auf einer Konferenz der Amerikanischen
Akademie für Kinderheilkunde in Chicago vorstellen.

Diese Art von Brüchen - speziell des Schienbeins - entstehen demnach,
wenn Kinder mit ihrem Bein an einer Stelle der Rutsche hängenbleiben,
der Schwung des Erwachsenen sie aber weiterschiebt. Rutscht ein Kind
alleine, seien die auf die Beine wirkenden Kräfte geringer. Die
US-Mediziner warnen Erwachsene davor, mit Kindern auf dem Schoß zu
rutschen. Sollten sie es doch tun, sei «extreme Vorsicht» nötig.

Barbara Ludwikowski, Chefärztin der Chirurgie des Kinderkrankenhauses
auf der Bult in Hannover, beobachtet ähnliche Fälle wie die
amerikanischen Forscher: «Bei unseren eigenen Patienten sehen wir
zunehmend Unterschenkelbrüche von Kleinkindern, die mit
Begleitpersonen rutschen.» Eine Studie zur Zahl solcher Unfälle in
Deutschland gebe es nicht.

Das Team um Jennissen stellte bei der Auswertung der US-Daten fest,
dass die häufigste Diagnose bei Rutschunfällen mit 36 Prozent
Knochenbrüche waren. Bei knapp jedem fünften Fall handelte es sich um
Platzwunden. Ein- bis Zweijährige verletzten sich demnach beim
Rutschen besonders häufig. Für Deutschland gibt es laut Ruhe keine
allgemeinen Zahlen über Spielplatz-Unfälle. Auch sie rät aber davon
ab, zusammen mit Kindern zu rutschen. «Die Kinder sollen den
Spielplatz frei erobern können.»