IOC wegen Rio-Skandal unter Druck - Olympiavergabe in Lima Von Martin Romanczyk und Georg Ismar, dpa

Eigentlich will das IOC bei seiner Versammlung in Lima die
Doppelvergabe der Olympischen Spiele an Paris und Los Angeles feiern
- doch die Stimmung ist mäßig. Im Raum steht die Frage, ob die
Rio-Spiele gekauft worden sind.

Lima (dpa) - Erstmals seit fast hundert Jahren vergibt das
Internationale Olympische Komitee (IOC) am Mittwoch die Olympischen
Sommerspiele in einer Doppelvergabe. IOC-Präsident Thomas Bach zeigte
sich nach einer Sitzung der Exekutive in der peruanischen Hauptstadt
Lima überzeugt, dass die Spiele 2024 in Paris und 2028 in Los Angeles
ein Erfolg werden. Überschattet wird die Vergabe von den Ermittlungen
zu möglichen Stimmenkäufen vor der Vergabe der Olympischen Spiele a
n
Rio de Janeiro. «Wenn Beweise vorgelegt werden, werden wir handeln»,

sagte Bach. «Keine Organisation in der Welt ist immun», sagte er mit

Blick auf die Korruptionsvorwürfe. 

Trotz der Nordkoreakrise sieht Bach keine Gefahr für die Winterspiele
2018 im südkoreanischen Pyeongchang. Alle Signale die er von
Regierungen und Nationalen Olympischen Komitees empfange, zeigten,
dass die Spiele stattfinden könnten.

Hinweise der französischen und brasilianischen Justiz, Rio 2016
könnte gekauft gewesen sein, überschatten die erste Doppelvergabe
seit knapp 100 Jahren. «Glaubwürdigkeit ist extrem wichtig für
uns», sagte Bach. Er musste sich in einer Pressekonferenz rund 45

Minuten lang fast nur Fragen zum Thema Korruption stellen. Anwälte
des IOC hätten Kontakt zu brasilianischen Ermittlern aufgenommen, um
mehr Informationen zu erhalten, betonte der IOC-Präsident. 

Im Fokus steht IOC-Ehrenmitglied Carlos Nuzman, der Chef des
Organisations-Komitees von Rio 2016 war und auch das
Nationale Olympische Komitee Brasiliens leitet. Er soll
möglicherweise Stimmen aus Afrika bei der Vergabe zugunsten Rios mit
Millionen geködert haben. Nuzman weist die Vorwürfe zurück. Sein Pass

wurde eingezogen, sein Anwesen in der vergangenen Woche in Rio de
Janeiro durchsucht und seine Konten eingefroren.

Mit Blick auf die Winterspiele in Südkorea im nächsten Februar
betonte Bach, Alleingänge Nationaler Olympischer Komitees, aus
Sicherheitsgründen nicht teilzunehmen, erwarte er nicht. «Ich sehe
das derzeit nicht», sagte Bach. Der IOC-Präsident hofft, dass die
Generalversammlung der Vereinten Nationen im November eine Resolution
für einen olympischen Frieden im November verabschiedet. Die Spiele
im südkoreanischen Pyeongchang sind vom 9. bis 25 Februar 2018
geplant. Pyeongchang ist nicht einmal 100 Kilometer von der Grenze zu
Nordkorea entfernt. Das weitgehend isolierte Nordkorea hatte mit
Raketen- und Atomtests die Spannungen immer weiter verschärft. 

Noch vor Beginn der Wintersportsaison hofft Bach auf neue
Erkenntnisse zum Ausmaß des russischen Dopingskandals. Auf der
IOC-Vollversammlung, die am Mittwoch beginnt, sind nur
Zwischenberichte der beiden hauseigenen Kommissionen zu erwarten.

Bach hatte wiederholt angekündigt, das IOC werde gegen russische
Dopingsünder mit Strafen durchgreifen. Sollte sich die Beweislage für
Staatsdoping bei den Winterspielen im russischen Sotschi 2014 weiter
erhärten, muss das IOC entscheiden, ob Russland bei den Spielen im
Februar 2018 in Pyeongchang überhaupt antreten kann.

Das IOC hat angesichts der beiden Untersuchungen des kanadischen
Rechtsprofessors Richard McLaren über systematisches und staatlich
gebilligtes Doping Russlands eigene Kommissionen mit Untersuchungen
beauftragt. Russland soll in Sotschi nach Erkenntnissen McLarens im
großen Stil staatlich organisiertes Doping betrieben haben.

Die Schmidt-Kommission des IOC versucht zu klären, welche Athleten,
Funktionäre und Trainer im Staatsdoping verwickelt waren. Die
Oswald-Kommission des IOC untersucht, auf welche Weise gedopt wurde
und mit welchen Methoden Dopingproben in Sotschi manipuliert wurden.
Die Proben aller russischen Athleten werden überprüft.