Verdi Personalnot in Krankenhäusern gefährdet Menschenleben

Mit einem Aktionstag macht Verdi erneut auf den zum Teil dramatischen
Personalmangel in deutschen Kliniken aufmerksam: «Personalnot
gefährdet Menschenleben.»

Berlin (dpa) - Die Gewerkschaft Verdi hat Personalnot und massive
Arbeitsverdichtung der Beschäftigten in deutschen Krankenhäusern
angeprangert. Bundesweit fehlten in den Krankenhäusern 162 000
Stellen, davon allein 70 000 in der Pflege, erklärte die Gewerkschaft
am Dienstag in Berlin. Nachts sei eine Pflegekraft durchschnittlich
allein für 26 Patienten verantwortlich.

«Die Verantwortlichen müssen sich der Tatsache stellen: Personalnot
gefährdet Menschenleben», hieß es bei Verdi. Die Gewerkschaft fordert

gesetzliche Vorgaben für die Personalausstattung in Krankenhäusern,
die verbindlich, finanziert und bundesweit einheitlich sind. «Immer
mehr Patienten müssen in immer kürzerer Zeit von zu wenig Personal
versorgt werden».

Verdi rief die Beschäftigten am Dienstag auf, die Desinfektion der
Hände exakt so durchzuführen, wie sie vorgeschrieben sei. Je nach
Anzahl der zu versorgenden Patienten nehme das pro Schicht bis zu
zwei Stunden in Anspruch. Die Händedesinfektion stehe beispielhaft
für alle Aufgaben, die aufgrund des Personalmangels nicht oder nur
notdürftig erledigt werden könnten. Bereits in den frühen
Morgenstunden musste laut Verdi die Aktion in einigen Krankenhäusern
abgebrochen werden.

Die Linke unterstützte den Aktionstag von Verdi. Linken-Vorsitzender
Bernd Riexinger erklärte: «Der Personalmangel im Krankenhaus tötet
deutlich mehr Menschen als Straßenverkehr und illegale Drogen
zusammen: zwischen 7 500 und 40 000 Menschen sterben jedes Jahr an
Krankenhauskeimen.» Doch statt Abhilfe zu schaffen, hätten die
Bundesregierungen der vergangenen Legislaturperioden den Kostendruck
gegenüber Patienten und Beschäftigten weiter verschärft. «Unternehm
en
wurden hingegen entlastet, Pharmaindustrie und Krankenhauskonzerne
machen Milliardenprofite», erklärte Riexinger.

Ein junger Krankenpfleger hatte am Montagabend in der ARD-«Wahlarena»
Kanzlerin Angela Merkel für das Programm ihrer CDU kritisiert. Der 21
Jahre alte Auszubildende kritisierte in der Live-Sendung, im
CDU-Programm stehe, niemand müsse sich bei der Pflege Sorgen machen.
Dem hielt der Azubi mit Bezug auf das Grundgesetz entgegen, dass die
Würde der Menschen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen
«tausendfach verletzt» werde. Die Pfleger seien überlastet und für
zu
viele Patienten zuständig. Merkel sei immerhin seit zwölf Jahren
Kanzlerin.

Der Fachkräftemangel in der Branche sei seiner Meinung nach ein zu
kleines Thema im Wahlkampf, sagte Alexander Jorde der dpa nach der
Fernsehsendung. Er forderte von der Politik, in öffentlichen
Kampagnen für Pflegeberufe zu werben. Merkel stellte in Aussicht,
sich zur Überwindung des Fachkräftemangels in der Pflege für
Verbesserungen des Berufes und seiner Bezahlung einsetzen sowie auf
Pfleger aus dem EU-Ausland zurückgreifen zu wollen.