Hamburg blickt nur kurz nach Lima: Die Sportstadt ohne Olympia Von Britta Körber und Franko Koitzsch, dpa

Hamburg ist nicht dabei, wenn in Lima die Entscheidung für den
Olympia-Ort Paris festgezurrt wird. Das gescheiterte Referendum für
eine Bewerbung um die Sommerspiele 2024 war ein Schock. Doch nicht
alles war für die Tonne.

Hamburg (dpa) - Nur ein kurzer wehmütiger Blick geht am Mittwoch von
Hamburg nach Lima, wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC)
die Verträge mit Olympia-Ausrichter Paris unterzeichnet. «Wir haben
mit dem Thema abgeschlossen. Es gibt viele neue Aufgaben, um die wir
uns kümmern», sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein. Eigentlich
wollten die Hamburger die Spiele 2024, doch ein Referendum im
November 2015 stoppte alle Pläne und Projekte. 51,6 Prozent der rund
650 000 Teilnehmer waren dagegen. «Viele haben damals gefragt: Ist
das der Tod der Sportstadt Hamburg?», berichtet Holstein und gibt
selbst die Antwort: «Nein. Wir gehen nicht in den Schmollwinkel.»

Nicht wenige Beobachter im In- und Ausland glauben, Hamburg hätte die
Spiele eh nicht bekommen. Die Bilder von den Krawallen beim
G20-Treffen in der Hansestadt vor gut acht Wochen stimmten
nachdenklich. Es mehrten sich Bedenken, ob die Elbmetropole das
Großereignis Olympia hätte stemmen können.

«Unser Konzept war schon geil, und ich glaube, dass in Deutschland
ein tolles Olympia-Publikum gewesen wäre», meint Ingrid Unkelbach,
Leiterin des Olympia-Stützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein. Sie gibt
aber zu bedenken, dass die Stadt jetzt schon an ihre Grenzen stoße
und die Kosten allein bis zum Referendum hoch waren: «In Lima zu
verlieren, wäre viel teurer geworden. Wenn man mit Abstand drauf
schaut, ist das alles ein Haufen Holz.» Rund zwölf Millionen Euro
soll die Bewerbung gekostet haben.

Seit dem Scheitern halten sich die Sponsoren im Norden zurück.
Michael Stich forderte die Wirtschaft auf, sich stärker zu
engagieren: «Es gibt nichts auf der Welt, das Menschen mehr
zusammenhält als der Sport. Denn beim Anfeuern auch bei Olympia
spielt es eben keine Rolle, wer sie sind und woher sie kommen», wird
der Wimbledonsieger im «Hamburger Abendblatt» zitiert. Für ihn sei
die gescheiterte Bewerbung eine vertane Chance. Er weiß, wovon er
redet: Als Direktor des Rothenbaum-Tennisturniers muss er ohne
Hauptsponsor auskommen.

Die Unterstützung von der Stadt fällt bei den diversen
Großveranstaltungen unterschiedlich aus. Events wie Triathlon,
Ironman, Marathon, Spring- und Dressurderby, Galopp-Derby, Cyclassics
sowie Beachvolleyball-Masters bestehen nebeneinander. Im Zuge der
Olympia-Bewerbung wurde die Box-WM im August einmalig in die
Hansestadt geholt und mit rund 4,3 Millionen Euro gefördert. Ein
Zuschauermagnet war die achttägige Veranstaltung aber nicht.

Ganz anders das Welttour-Finale im Beachvolleyball, wo besonders
wegen der Anziehungskraft der Olympiasiegerinnen Laura Ludwig und
Kira Walkenhorst die Anlage am Rothenbaum wegen Überfüllung
geschlossen werden musste. Der Eintritt war traditionell frei.
kostenlos. «Die Sportler waren völlig geflasht von Hamburg und
derFairness des Publikums», sagt Turnierdirektor Frank Mackerodt.

Was einst für Olympia geplant wurde, ist nicht grundsätzlich in der
Tonne gelandet. «Wir haben 30 Projekte in den Masterplan Active City
übernommen», sagt Holstein. Das betrifft die Modernisierung von
Schulsporthallen, den Neubau barrierefreier Hallen, den Ausbau der
Regattastrecke in Allermöhe und den Neubau einer Judo-Halle. 50
Millionen Euro werden bis 2024 investiert.

Dennoch bewerten nicht wenige die geplatzten Olympia-Pläne als
verpasste Chance. «Wir hätten wunderbare Sportstätten bekommen», sa
gt
Jürgen Mantell wehmütig. Der Präsident des Hamburger Sportbundes
bezweifelt den Sinn von Referenden bei komplexen Vorgängen, die vom
Einzelnen nicht in allen Details durchschaut werden können.

Das Olympia-Aus ist zudem ein schwerer Schlag für die
Stadtentwicklung. Was binnen sieben Jahren aus dem Boden gestampft
worden wäre, dauert jetzt 20 bis 30 Jahre. Das olympische Dorf auf
der Elbinsel Kleiner Grasbrook, das zum Gebiet mit 8000 Miet-,
Eigentums- und öffentlich geförderten Wohnungen werden sollte, wird
es nie geben. Ohne Olympia-Geld ist das nicht machbar.