Weit, weiter, «Voyager»: Zwillings-Sonden fliegen seit 40 Jahren Von Christina Horsten, dpa

Sie sind die beiden am weitesten von der Erde entfernten
menschengemachten Objekte: Die «Voyager»-Zwillinge. Eigentlich hatte
die Mission der Sonden nur vier Jahre dauern sollen, doch jetzt sind
sie schon zehnmal so lang unterwegs - und senden munter weiter Daten.

Washington (dpa) - Gute Musik haben die beiden Sonden auf jeden Fall
im Gepäck: Den Song «Johnny B. Goode» der Rock'n'Roll-Legende Chuck

Berry, dazu klassische Musik von Bach, Mozart und Beethoven sowie
Klänge aus Ländern wie Australien, Bulgarien, Japan und Peru, alles
auf goldene Datenträger gepresst. Auch 115 Bilder und Grußbotschaften
an Außerirdische in 55 verschiedenen Sprachen sind auf den
Datenträgern gespeichert. «Da die Sonden Milliarden von Jahre halten
könnten, könnten diese Datenträger-Zeitkapseln einmal die einzigen
verbliebenen Spuren der Menschheit sein», heißt es bedeutungsschwer
von der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

Schon von Anfang an war der Nasa klar: Die Zwillingssonden «Voyager
1» und «Voyager 2» gehen auf ganz große Reise, vorbei an den Plan
eten
unseres Sonnensystems und darüber hinaus. Auf vier Jahre war die
Mission ursprünglich angelegt, aber am kommenden Sonntag (20. August)
jährt sich der Start von «Voyager 2» (Reisender) schon zum 40. Mal.
Am 20. August 1977 war die Sonde gestartet, ihre Zwillingsschwester
«Voyager 1» kurz darauf am 5. September 1977 - und immer noch fliegen

beide durchs All und senden Daten zur Erde. Längst gilt die Mission
der beiden «kosmischen Überflieger» als eine der erfolgreichsten
Nasa-Unternehmungen aller Zeiten.

«Wenige Missionen können je die Errungenschaften der «Voyager»-Sond
en
erreichen», sagt Nasa-Manager Thomas Zurbuchen. «Sie haben uns über
die zuvor unbekannten Wunder des Universums aufgeklärt und die
Menschheit inspiriert, unser Sonnensystem und alles darüber hinaus zu
entdecken.»

Rund 20 Milliarden Kilometer ist «Voyager 1» inzwischen von der Erde
entfernt - so weit wie kein anderes vom Menschen gebautes Objekt. Bei
«Voyager 2» sind es rund 17 Milliarden. «Voyager 1» rast
Richtung Norden durch das All, ihre Funksignale sind mehr als 17
Stunden zur Erde unterwegs. 2012 wurde «Voyager 1» zur ersten
Raumsonde, die in der Geschichte der Menschheit das Sonnensystem
verlassen hat. «Voyager 2» fliegt Richtung Süden und ist dank ihres
früheren Starts die am längsten kontinuierlich betriebene Raumsonde.

Beide Sonden hatten ein Rendezvous mit Jupiter und Saturn, «Voyager
2» besuchte dazu Uranus und Neptun - die einzige Sonde, die bei all
diesen Planeten vorbeiflog. Auch 48 Monde studierten die Sonden.
Atemberaubende Fotos sendeten die beiden von der Atmosphäre des
Jupiters, von den bis dahin unbekannten aktiven Vulkanen des
Jupiter-Mondes Io und von den Ringen des Saturn.

Immer noch scheinen die beiden Sonden fit. Zwar werden sie wohl in
den kommenden 40 000 Jahren an keinem Stern mehr vorbeikommen, aber
sie schicken weiter munter Daten über die Zustände in der
unerforschten Region namens Heliopause. Das ist vereinfacht gesagt
die Grenzschicht zwischen unserem Sonnensystem und der Sternenwelt.

Dass es um sie herum derzeit so leer ist, macht es auch weniger
gefährlich für die Sonden. «Niemand von uns wusste beim Start vor 40

Jahren, dass irgendwas hier noch funktionieren würde und dass wir
diese wegweisende Reise noch fortsetzen würden», sagte Nasa-Manager
Ed Stone. «Das aufregendste, was sie in den kommenden fünf Jahren
entdecken werden, ist wahrscheinlich etwas, von dem wir nichts
ahnen.»

Die Sonden waren von Anfang an in weiser Voraussicht Weltall-fest
gebaut. Gut geschützt, um auch in der harschen Umgebung von Jupiter
zu überleben, und mit Backup-Systemen. Betrieben wird das
«Voyager»-Duo mit langlebigen Plutonium-Generatoren - nach 88 Jahren
wird nur die Hälfte des Plutoniums verschwunden sein.

Trotzdem nimmt die Kraft der Sonden Jahr für Jahr ab und die
Ingenieure müssen sich daran anpassen. Dafür müssen sie häufig
jahrzehntealte Dokumente oder längst in Rente gegangene
Nasa-Ingenieure kontaktieren. «Die Technologie ist viele Generationen
alt und es braucht jemanden mit Design-Erfahrung aus den 1970ern, um
zu verstehen, wie die Sonden funktionieren und welche Updates gemacht
werden können, damit sie heute und zukünftig weiter funktionieren
können», sagt Nasa-Managerin Suzanne Dodd.

Der 40. Geburtstag der je eine Tonne schweren Sonden soll noch lange
nicht ihr letzter sein. Bis 2030 könnten einige der
wissenschaftlichen Instrumente an Bord noch halten, vermutet die
Nasa, dann müssen wohl auch die letzten abgeschaltet werden. Aber
auch wenn sie verstummen, werden die Sonden nicht aufhören zu fliegen
- mit rund 48 000 Stundenkilometern immer weiter durch die
Milchstraße.