Jugend-Aktivisten verschaffen sich bei Pariser Aids-Treffen Gehör Von Christian Böhmer, dpa

Paris ist Treffpunkt von HIV-Spezialisten aus aller Welt. Viele
Vorträge drehen sich um den wissenschaftlichen Fortschritt. Einige
Teilnehmer bringen ihre persönlichen Erfahrungen im Kampf gegen
HIV und Aids ein.

Paris (dpa) - Der Kampf gegen HIV und Aids ist trotz Erfolgen noch
lange nicht zu Ende. Diese Botschaft ist bei der großen Pariser
Aids-Konferenz mit 6000 Spezialisten in verschiedenen Varianten immer
wieder zu hören. Zwar werden mehr als die Hälfte der weltweit
annähernd 37 Millionen HIV-Infizierten mit antiretroviralen
Medikamenten behandelt, die den Erreger eindämmen. Doch Millionen
Menschen warten auf eine Behandlung, wie UNAIDS-Direktor Michel
Sidibé sagt. Er gibt sich trotz der Probleme zuversichtlich: «Wir
brechen der Epidemie das Rückgrat», lautet sein Credo.

Auf den langen, scheinbar endlosen Gängen des Pariser
Kongresszentrums sind auch viele junge Menschen von verschiedenen
Kontinenten unterwegs. Die Organisatoren luden unter anderen 50
Freiwillige aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein, um bei
dem Riesenkongress zu helfen, beispielsweise beim Registrieren der
Teilnehmer, berichtet der Vorstandschef der Initiative Jugend gegen
Aids, Daniel Nagel. Der 25-Jährige verschafft sich in der
französischen Hauptstadt auch bei Wissenschaftlern und
Verantwortlichen Gehör, stellt seine Erfahrungen aus der Jugendarbeit
und Sexualerziehung in Schulen vor.

Was ist die größte Herausforderung bei seiner Arbeit in Deutschland?
«Junge Menschen denken oft, dass HIV etwas ist, das Homosexuelle,
Drogennutzer oder Menschen aus Afrika südlich der Sahara betrifft»,
erzählt der Betriebswirtschaftsstudent. «Wir wollen das Thema für
junge Menschen relevant machen.» Diese seien oft nicht in der Lage,
überhaupt darüber zu sprechen. Die Initiative wolle nicht Angst
machen, sondern werbe für mehr Selbstvertrauen unter den
Jugendlichen.

Susan Shumba ist in ihrem Heimatland Simbabwe im südlichen Afrika mit
ganz anderen Problemen konfrontiert. Die 26-Jährige arbeitet in einer
großen Homosexuellen-Initiative und gehört auf der Konferenz zum
Kreis der offiziellen «Jugend-Botschafter».

Die energisch und entschlossen wirkende junge Frau berichtet über
Diskriminierung in ihrem Land, das zu ärmsten der Welt gehört und in
dem Dauer-Präsident Robert Mugabe seit 1980 herrscht. Sie kämpft
dafür, dass Hilfsprogramme verstärkt Homosexuellen zugute kommen.
Selbst die Kandidatur für die Pariser Konferenz sei in ihrem Land mit
Schikanen verbunden gewesen, erzählt sie. «Sie wollen dein
Ausbildungsniveau wissen, den Beruf, den Arbeitgeber.»

Das Beispiel von Susan Shumba zeigt, dass der
Wissenschaftler-Kongress die große Politik nicht ausklammern kann und
will. Zumal es auch um Geld geht, um viel Geld. Es gibt unter den
Forschern und Aktivisten große Sorgen, dass die USA als größter
Geldgeber unter Präsident Donald Trump die Mittel kürzen könnten.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen (UN) ist sogar mehr Geld
nötig, um die Immunschwächekrankheit zu besiegen. Um die Ziele für
2020 zu erreichen, seien jährlich 26 Milliarden US-Dollar (22,52
Milliarden Euro) nötig. Im vergangenen Jahr seien rund 19 Milliarden
Dollar zusammengekommen.

Die bis Mittwoch dauernde viertägige Konferenz bringt die
französische Spitzenpolitik ins Schleudern. Während sich die
selbstbewusste Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo schon vor Beginn
des Treffens medienwirksam in Szene setzte, glänzte Frankreichs
Präsident und Hoffnungsträger Emmanuel Macron (39) durch Abwesenheit.
Das sorgte für Erstaunen, denn für eine lange Zusammenkunft mit dem
U2-Sänger und Entwicklungshilfe-Aktivisten Bono war im Élyséepalast
viel Zeit. Nach Protest änderte der Staatschef seine Agenda in
letzter Minute und schob am Montag ein Treffen mit den
Konferenz-Organisatoren ein.