Eltern von Baby Charlie: Morddrohungen gegen Ärzte ein «Rückschlag»

London (dpa) - Die Eltern des schwerkranken Babys Charlie Gard haben
die Morddrohungen gegen das Personal des
Great-Ormond-Street-Hospitals als «Rückschlag» bezeichnet. Sie
duldeten weder Drohungen noch beleidigende Bemerkungen, sagten die
Eltern. Die Leiterin der Klinik hatte am Wochenende mitgeteilt, dass
Ärzte und Pflegekräfte in den vergangenen Wochen «einer infamen
Flutwelle von Feindseligkeit und Belästigungen» ausgesetzt gewesen
seien. Die Klinik streitet sich vor Gericht mit den Eltern um das
Schicksal des elf Monate alten Jungen.

Charlie leidet an einer sehr seltenen Erbkrankheit, die unter anderem
zu irreparablen Hirnschäden führt. Seine Ärzte glauben, dass dem
Jungen nicht mehr geholfen werden kann. Lebenserhaltende Maßnahmen
sollten daher beendet werden. Charlies Eltern wollen ihn dagegen für
eine experimentelle Therapie in die USA bringen. Am Montagnachmittag
stand dazu eine Anhörung am Londoner High Court bevor. Am Dienstag
könnte bereits eine Entscheidung fallen.

Charlies Krankheit, das mitochondriale DNA-Depletionssyndrom (MDDS),
wird von einem Fehler in einem Gen verursacht. Dadurch leidet die
Funktion der Kraftwerke der Zellen, der Mitochondrien. Sie
produzieren weniger Energie, die der Körper aber braucht. Charlies
Erkrankung, bei der das Gen RRM2B betroffen ist, wurde erst vor rund
zehn Jahren erstmals beschrieben.

Der Kleine hat nach Angaben seiner Ärzte keine normale Hirnfunktion.
Die Muskeln sind stark geschwächt; Charlie kann sich nicht bewegen.
Er muss künstlich beatmet und ernährt werden, ist gehörlos und hat
epileptische Störungen. Die Therapie, die er auf Wunsch der Eltern in
den USA bekommen soll, ist noch nie bei Tieren oder Menschen mit der
RRM2B-Mutation ausprobiert worden. Allerdings wurde sie bei Patienten
eingesetzt, die eine Gen-Mutation mit milderen Verläufen haben.