Erneuter Prozess gegen Frauenarzt endet mit Haftstrafe

Es war ein Indizienprozess. Vor Gericht: ein Arzt, der seine Ehefrau
umgebracht haben soll. In einem ersten Verfahren gab es
einen Freispruch. Doch diesmal kommt der Richter zu einem anderen
Urteil.

Landshut (dpa/lby) - Wegen Totschlags an seiner Ehefrau muss ein
Gynäkologe neun Jahre ins Gefängnis. «Die Kammer hegt keinen
vernünftigen Zweifel an seiner Schuld», sagte Richter Ralf Reiter am

Freitag zum Abschluss des wiederaufgerollten Verfahrens am
Landgericht Landshut. Laut Anklage hatte der 57-Jährige seiner Frau
die Rippen gebrochen, sie am Kopf verletzt und dann erstickt. Der
Angeklagte hatte die Tat bestritten: Er habe seine Frau im Dezember
2013 tot daheim gefunden.

Das Urteil beruhe auf Indizien, stellte Reiter klar. Einzeln seien
sie nicht überzeugend, aber in der Gesamtschau - und diese sei
entscheidend. So begründete der Richter sein Urteil mit objektiven
Beweisen der Spurensicherung. Auch gebe es nichts, was für einen
anderen Täter spreche. Ein konkretes Motiv konnte Reiter nicht
benennen. Er sprach aber von einem «Motivbündel». So sei die
60-jährige Ehefrau alkoholkrank gewesen, ihr Mann habe deshalb um
seine Reputation als Frauenarzt gebangt.

In einem ersten Prozess hatte das Landgericht den Mann aus Erding
freigesprochen. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch aufgrund
von Fehlern in der Beweisführung auf und verwies den Fall erneut an
das Landgericht. Ehe das Verfahren neu aufgerollt werden konnte, flog
der Frauenarzt nach Südamerika. Ende Februar wurde er nach
Deutschland ausgeliefert.

Aus Sicht der Verteidigung brachte «dieser Punkt keinen weiteren
Hinweis auf eine Täterschaft», auch wenn es wie eine Flucht wirke.
Der habilitierte Mediziner sei aus Verzweiflung nach Chile gegangen,
um sich dort ein neues Leben aufzubauen. «Das Leben unseres Mandanten
lag 2015 - trotz des Freispruchs - buchstäblich in Trümmern», hieß
es
in der Erklärung zu Beginn des neuen Verfahrens. «Seine geliebte
Ehefrau war ihm gewaltsam genommen worden.»

Richter Reiter betonte am Freitag, der neue Prozess sei kein
«Abklatsch» des ersten gewesen, sondern habe eine eigene Dynamik
entwickelt. Die Beweislage sei schwierig gewesen. «Hätte man die
Leiche nicht obduziert, wäre der Angeklagte mit seiner Strategie
durchgekommen.»

So legte das Gericht dem Arzt neben der massiven Gewalt auch zur
Last, dass er die Tat bestritten hatte und die Ermittlungen
manipulieren wollte. Zugleich ging Reiter aber von einer Affekttat
aus und hielt dem Angeklagten zugute, dass er bereits unter anderem
in Chile in Untersuchungshaft gesessen hatte.

Die Staatsanwaltschaft hatte dreizehneinhalb Jahre Haft gefordert.
Die Verteidiger plädierten auf Freispruch. Ob sie Revision
beantragen, ließen sie am Freitag zunächst noch offen.