Trotz 15 Minuten unter Wasser: Kleines Mädchen erholt sich

Eine Zweijährige stürzt in einen Pool, bleibt 15 Minuten unter
Wasser. Das Hirn ist schwer geschädigt. Nach einer speziellen
Therapie geht es ihr viel besser. Doch liegt das wirklich an der
Behandlung?

New Orleans (dpa) - 15 Minuten befand sich ein zweijähriges Mädchen
nach dem Sturz in ein Schwimmbecken unter Wasser. Sein Gehirn wurde
schwer geschädigt - hat sich nach einigen Monaten aber erstaunlich
gut erholt, berichten seine Ärzte um Paul Harch von der Uniklinik in
New Orleans.

Die kleine Eden Carlson, die mittlerweile drei Jahre alt ist, erlitt
bei dem Unfall im vergangenen Jahr einen Herzstillstand und musste
100 Minuten lang wiederbelebt werden. Eden hatte sich im Haus ihrer
Eltern an einem Baby-Gitter vorbeigemogelt und war dann in den Pool
gestürzt. Die «Bild»-Zeitung und die «Welt» hatten über den Fal
l
berichtet.

Als sie nach mehr als einem Monat aus dem Krankenhaus entlassen
wurde, reagierte Eden nicht auf Reize und wand sich ununterbrochen.
Fast zwei Monate nach dem Unfall begannen Paul Harch und sein Team,
das Mädchen einer speziellen Sauerstoff-Therapie zu unterziehen.
Dabei wurde dem Kind über die Nase reiner Sauerstoff eingeflößt -
zunächst ohne und später mit Überdruck.

Nach der Therapie konnte Eden den Ärzten zufolge wieder normal reden
und - mit Unterstützung - auch wieder gehen. Die weiße und graue
Substanz im Gehirn, die durch den Unfall teilweise verloren gegangen
war, war nach der Therapie wieder hergestellt, wie die Ärzte mit
Hilfe von Magnetresonanztomographie feststellten.

Dass sich das Gehirn des Mädchens nach einigen Monaten deutlich
erholt hat, führen die Ärzte um Harch auf die Sauerstoff-Therapie
zurück. Christoph Dodt, Präsident der Deutschen Gesellschaft
Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) sagt hingegen:
«Dass eine Sauerstofftherapie nach zwei Monaten noch hilft, ist
schwer zu glauben.»

Er kann den Zusammenhang zwischen Therapie und Genesung nicht
nachvollziehen. «Ich habe keine physiologische Erklärung dafür.» De
r
Bericht der Ärzte um Harch mache nicht deutlich, ob die gute
Entwicklung des Mädchens tatsächlich an der Therapie lag oder ob ihr
Hirnschaden von Anfang an geringer war als angenommen. Man müsse nun
in Studien untersuchen, ob die Sauerstoff-Therapie auch bei anderen
Patienten einen Erfolg zeige.

Prinzipiell sei es nicht unüblich, dass kleine Kinder längere Zeit
unter Wasser überleben können, sagt Dodt. Insbesondere dann, wenn das
Wasser kalt sei. Der Pool von Edens Eltern hatte nur fünf Grad.

Laut Dodt ist es in Deutschland nicht etabliert, Hirnschäden mit
dieser speziellen Sauerstoff-Therapie zu behandeln. Reinen Sauerstoff
mit Überdruck bekämen hierzulande Menschen mit einer
Kohlenmonoxid-Vergiftung - allerdings sofort und nicht Wochen später.