UN sehen Erfolge im Anti-Aids-Kampf - Mehr Menschen in Behandlung

Die Formel heißt 90-90-90. Damit soll Aids auf mittlere Sicht besiegt
werden. Die UN sehen Fortschritte. Es gibt aber auch Sorgenkinder.
Russland zum Beispiel.

Genf (dpa) - Der Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids macht
weitere Fortschritte. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) wird
erstmals mehr als die Hälfte der weltweit 36,7 Millionen
HIV-Infizierten mit antiretroviralen Medikamenten behandelt. Außerdem
habe sich die Zahl der Todesfälle seit 2005 auf nun noch eine Million
im Jahr halbiert.

«Nach Erreichen der Ziele für 2015 von 15 Millionen Menschen in
Behandlung sind wir nun auf dem besten Weg die Zahl von 30 Millionen
für 2020 zu erreichen», sagte UNAIDS-Direktor Michel Sidibé am
Donnerstag in Genf. Dann sollen nach den Wünschen der UN 26
Milliarden Dollar (22,52 Milliarden Euro) für Anti-Aids-Programme zur
Verfügung stehen.

Speziell im südlichen und östlichen Afrika seien Erfolge
unverkennbar. Dort sei die Zahl der Neuinfektionen mit HIV seit 2010
um 29 Prozent gefallen. Noch besser sehe es bei den Kindern aus. Hier
seien die Neuinfektionen um 56 Prozent gesunken, hieß es. Die
Lebenserwartung in diesen Teilen des Kontinents sei aufgrund der
Erfolge bei der Aidsbekämpfung seit 2006 um zehn Jahre gestiegen.
«Die Gesellschaft und die Familien leben regelrecht auf, wenn Aids
zurückgedrängt wird», meinte Sidibé.

Zur Bekämpfung der Immunschwächekrankheit hatte die UN 2014 die
sogenannten 90-90-90 Ziele festgelegt: 90 Prozent der Infizierten
kennen ihren Status, 90 Prozent von ihnen sind in Behandlung, bei 90
Prozent der Behandelten ist das Virus nicht mehr nachweisbar.

Der jetzt vorgestellte Welt-Aids-Bericht zeigt, dass 2016 weltweit 70
Prozent der Infizierten von ihrer Erkrankung wissen. Von denen
bekommen etwa 77 Prozent eine antiretrovirale Therapie, die bei
wiederum 82 Prozent zu einer maßgeblichen Reduktion der Viruslast
führt. Besonders vorbildlich seien die Anstrengungen bei Aufklärung
und Behandlung in Ländern wie Botswana, Kambodscha, Dänemark, Island
und Großbritannien. Deutschland stehe wie zehn andere Länder auch
kurz davor, die ambitionierten Ziele der UN zu erreichen.

«Das Ziel 90-90-90 ist erreichbar. Es ist politischer Wille nötig, um
die Epidemie zu beenden», sagte Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von
Paris, wo ab Sonntag eine Konferenz der Internationalen Aids
Gesellschaft zur Behandlung und Erforschung der Krankheit
stattfindet. «Paris hat sich zum Ziel gesetzt: Keine neue
HIV-Infektion von 2030 an.»

Sorgen bereitet den Experten die Entwicklung in Osteuropa und Teilen
Asiens, wo die Fälle von HIV und Aids zunehmen. Hier wurde eine
Zunahme von 120 000 im Jahr 2010 auf rund 190 000 HIV-Fälleim Jahr
2016 verzeichnet. In Russland betrug das Plus sogar 75 Prozent.
Zugleich wissen hier besonders wenige Menschen über ihren HIV-Status
Bescheid.

2016 haben sich 1,8 Millionen Menschen infiziert, weil sie beim
Geschlechtsverkehr oder beim Spritzen von Drogen mit dem Erreger in
Kontakt gekommen sind.

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) tauchen in einigen Ländern
Probleme wegen der Resistenz der Erreger gegen Medikamente auf. In
sechs von elf genauer untersuchten Staaten würden die beiden
gängigsten antiretroviralen Medikamente in zehn Prozent der Fälle
nicht anschlagen, teilte die WHO am Donnerstag mit. Dazu gehörten
Namibia, Zimbabwe und Guatemala. In Nicaragua und Uganda versagten
die meist benutzten Arzneien sogar in mehr als 15 Prozent der Fälle.
Das Problem betreffe nicht zuletzt kleine Kinder unter 18 Monaten.
«Ein Umstand, der dringend beachtet werden muss», hieß es. Grund fü
r
die Resistenz sei unter anderem die Unterbrechung der Behandlung.