Unliebsame Urlaubsmitbringsel - Reisekrankheiten auf dem VormarschVon Marco Krefting, dpa

Steigende Temperaturen und zunehmender Tourismus sorgen dafür, dass
sich Krankheiten wie Malaria, Denguefieber und Chikungunya ausbreiten
- künftig mitunter auch in Europa. Wie Mediziner darauf reagieren. Welche Reiseschutzimpfungen Krankenkassen anbieten.

München/Bayreuth (dpa) - Malaria, Chikungunya, Zika: Es gibt
Urlaubsmitbringsel, auf die man gut verzichten kann. Doch immer mehr
Touristen reisen in Regionen, wo solche Erreger kursieren.
Gleichzeitig breiten sich die Überträger solch typischer
Reisekrankheiten - vor allem Mücken - durch den Klimawandel aus.

Doch Ärzte hierzulande denken nicht immer an Tropenkrankheiten, wenn
sie einen infizierten Patienten vor sich haben. «Es kommt noch nicht
so häufig vor, dass man das in der Praxis sieht», sagt Ulrike
Protzer, die das Institut für Virologie der Technischen Universität
München (TUM) leitet. So breite sich etwa das insbesondere vor den
Olympischen Spielen in Brasilien viel diskutierte Zika-Virus
inzwischen langsamer aus, sagt Protzer.

Malaria und Denguefieber hingegen zählen laut Robert Koch-Institut
(RKI) zu den häufigsten «reiseassoziierten Krankheiten», mit jeweils

rund 1000 Fällen im vergangenen Jahr in Deutschland. Afrikanische
Staaten wie Nigeria und Eritrea gelten als typische Infektionsländer
für Malaria. Wobei das RKI betont, dass die hohe Fallzahl zu einem
großen Teil durch Flüchtlinge aus Nordafrika bedingt ist. Im
asiatischen Raum - etwa beliebten Touristenzielen wie Thailand und
Indonesien - infizieren sich dagegen viele Patienten mit
Denguefieber.

Beide Krankheiten können tödlich verlaufen. Nach Angaben der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben zum Beispiel 2015 weltweit
rund 430 000 Menschen an Malaria. Oliver Hayden vom TUM-Lehrstuhl für
Biomedizinische Elektronik hat mit Kollegen bei Siemens einen
automatisierten Blutschnelltest entwickelt. Dieser diagnostiziert die
Krankheit anhand von 30 Blutwerten mit einer Sicherheit von 97
Prozent. Dafür gab es den Europäischen Erfinderpreis in der Kategorie
Industrie.

Um den Bluttest einzusetzen, brauchen Labore nicht einmal neue
Geräte: «Die Fülle an Information eines Hämatologie-Automaten wird

bisher nur sehr oberflächlich genutzt. Dabei werden 35 Prozent aller
klinischen Tests routinemäßig auf hämatologische Parameter geprüft
»,
so Hayden. In der Regel werde eine Blutprobe aber erst dann gründlich
untersucht, wenn ein Blutbild außerhalb der Norm liege. Mit einem
speziellen Algorithmus für Malaria überprüft Haydens neuer
Schnelltest die Blutwerte auf charakteristische Malaria-Muster.
Insbesondere die Blutplättchen liefern wichtige Hinweise auf eine
solche Infektion.

«Das ist aber kein Test für den Busch», macht Hayden deutlich. Die
Geräte seien für Zentrallabore und sogenannte Hochdurchsatz-Analytik
mit Tausenden Proben am Tag ausgelegt. Malaria ist nur ein Beispiel,
und es sei abzusehen, dass Laborautomaten in Zukunft viel mehr
Krankheiten erkennen könnten. Dies unterstütze die Routinediagnostik
an den Kliniken.

Virologin Protzer bestätigt, dass inzwischen mehr zu
Tropenkrankheiten geforscht und entwickelt wird. So befasse sich das
Deutsche Zentrum für Infektionsforschung mit neu auftretenden
Krankheiten sowie Impfstoffen und breit einsetzbaren Medikamenten.
«Denn bei vielen Viruserkrankungen ist es so, dass man vorbeugen,
aber hinterher nicht mehr viel machen kann», sagt sie.

Daher sei eine gute Vorbereitung vor einem Urlaub wichtig. «Ich
glaube, dass sich viele nicht wirklich überlegen, was sie sich bei
einer Safari einfangen können», sagt Protzer. Das gelte auch für
viele Städte in Asien. Zugleich warnt sie vor Panik: «Man muss nicht

sofort zum Tropeninstitut gehen.» Aber Rückkehrer sollten sich vor
dem Besuch beim Hausarzt fragen, ob etwa ein Fieber auch mit der
jüngsten Reise zusammenhängen könnte.

Dass solche Überlegungen wichtiger werden, zeigt eine Arbeit der Uni
Bayreuth: Am Beispiel des Chikungunya-Virus, das vor allem Asiatische
Tigermücken und Gelbfiebermücken übertragen, berechneten Forscher um

Carl Beierkuhnlein vom Lehrstuhl für Biogeografie Folgen des
Klimawandels. Würde die Erderwärmung ungebremst weitergehen und die
globale Mitteltemperatur bis 2100 um etwa 4,8 Grad Celsius im
Vergleich zum vorindustriellen Zustand steigen, könnte Chikungunya
sich in deutlich mehr Weltregionen ausbreiten. «Das Virus wird dann
voraussichtlich bis in die Länder Südeuropas und in die USA
vordringen», schreiben die Forscher im Fachblatt «Scientific
Reports». «Dieses Szenario ist insofern wahrscheinlicher, als bisher
keine globalen Strategien erkennbar sind, die den Klimawandel
nachhaltig abschwächen würden», sagt Beierkuhnlein.

«Das ist interessant, weil viele Virusinfektionen und auch Malaria
von Mücken übertragen werden», sagt Protzer. Daher sei es wichtig,
die Wirkung des Klimawandels auf Reisekrankheiten zu erforschen.

Aber die Bayreuther haben auch Überraschendes herausgefunden: Mit
steigenden Temperaturen könnte die Chikungunya-Gefahr in manchen
Regionen wie Indien und an den Südrändern der Sahara sinken. Hier
könnten die Lebensbedingungen für Stechmücken schlicht zu extrem
werden. Ob Touristen aber in solch heiße und trockene Gebiete reisen
wollen, ist eine andere Frage.