Gewalt gegen Kinder - ein Überblick

Berlin (dpa) - Kriminalitätsstatistiken und Studien der vergangenen
Jahre zeigen: Gewalt in der Erziehung ist gesellschaftlich immer
weniger akzeptiert. Trotzdem erfahren viele Kinder noch immer Gewalt,
physisch und psychisch. Ein Überblick:

Wie viele Deutsche haben in ihrer Kindheit Gewalt erfahren?

Knapp ein Drittel (30,8 Prozent) der Bundesbürger gibt an, in der
Kindheit körperliche oder emotionale Gewalt erfahren zu haben, fast
jeder siebte (13,9 Prozent) Deutsche ist demnach Opfer sexuellen
Missbrauchs geworden. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter
etwa 2500 Bundesbürgern zwischen 14 und 94 Jahren, die Forscher der
Universität Ulm im vergangenen März vorstellten.

Wie akzeptiert sind Schläge in der Kindererziehung heutzutage noch?

In der Nachkriegszeit waren Schläge in der Kindererziehung oft noch
die Regel, seitdem wächst die Zahl derer, die körperliche Strafen
ablehnen. Für die Mehrheit sind «ein Klaps auf den Po» oder eine
Ohrfeige mittlerweile tabu, sagte der Ulmer Experte für
Kindeswohlgefährdung Jörg M. Fegert im vergangenen Jahr. Im
vergangenen Jahr fanden 44,6 Prozent einen «Klaps auf den Po»
akzeptabel (2005: 76,2 Prozent); eine leichte Ohrfeige bewerteten 17
Prozent als in Ordnung (2005: 53,7 Prozent). Eine Tracht Prügel mit
Blutergüssen oder das Schlagen mit einem Stock sahen im vergangenen
Jahr nur noch 0,1 beziehungsweise 0,4 Prozent als vertretbar an
(2005: jeweils 1,9 Prozent).

Wer ist am häufigsten betroffen?

Eine Studie der Universität Bielefeld im Auftrag der
Bepanthen-Kinderförderung aus dem Jahr 2013 zeigt: Heranwachsende aus
armen Familien sind am stärksten von körperlicher Gewalt betroffen.
Sozial besser und durchschnittlich gestellte Kinder erfahren den
Angaben zufolge deutlich seltener Gewalt. Am häufigsten finden
Misshandlungen innerhalb der Familie statt.

Welche Rolle spielt das Internet?

Das Internet spielt neben der Familie eine große Rolle. Die
Psychologin Julia von Weiler von der Organisation «Innocence in
Danger» sprach Anfang des Jahres von 700 000 Erwachsenen in
Deutschland, die sexuelle Online-Kontakte zu Kindern hatten. Sie
forderte, schon den Versuch des sogenannten Cybergrooming - also das
Ansprechen Minderjähriger im Netz mit dem Ziel sexueller Kontakte -
unter Strafe zu stellen.

Welche Spätfolgen bewirken Gewalterfahrungen in der Kindheit?

Menschen, die Missbrauch oder Vernachlässigung erlitten, haben ein
höheres Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen sowie ein
höheres Suizidrisiko. Deutlich häufiger als Menschen ohne
Gewalterfahrungen leiden sie an Übergewicht, Diabetes, Krebs,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronischen Schmerzen, sagte Markus
Huber-Lang, Chirurg am Zentrum für Traumaforschung der Uni Ulm im
März 2017.