Kein Abrechnungsbetrug: Freispruch für Augsburger Laborarzt bestätigt

Seit Jahrzehnten will die Staatsanwaltschaft dem Medizin-Unternehmer
Schottdorf zwielichtige Geschäfte nachweisen. Aber die Vorwürfe lösen

sich in Luft auf - auch ein zweiter Prozess endet mit Freispruch.

Karlsruhe/Augsburg (dpa) - Der Augsburger Laborarzt Bernd Schottdorf
ist nun rechtskräftig vom Vorwurf des Abrechnungsbetrugs
freigesprochen. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies am Mittwoch die
Revision der Staatsanwaltschaft Augsburg zurück, die weiter für
Schuldsprüche gegen den 77-Jährigen und dessen Ex-Frau gestritten
hatte. Damit hat ein Urteil des Landgerichts Augsburg aus dem Januar
2016 Bestand.

Die Ankläger versuchen seit vielen Jahren vergeblich, dem
Medizin-Großunternehmer Abrechnungsbetrug im großen Stil zulasten der
Krankenkassen nachzuweisen. Zuletzt ging es um den Vorwurf,
Schottdorf habe mithilfe seiner damaligen Frau zwischen 2004 und 2007
durch Einrichtung mehrerer scheinselbstständiger Medizinlabors 12,8
Millionen Euro zu viel kassiert. Das Landgericht bewertete die
Vorgänge aber anders. Die obersten Strafrichter in Karlsruhe konnten
darin «keine Lücken oder Widersprüche» entdecken. (Az. 1 StR 535/16
)

Labors erhalten ab einem gewissen Auftragsvolumen ein geringeres
Honorar, sie müssen den Kassen dann einen Rabatt gewähren. Die
Staatsanwaltschaft unterstellte dem Ehepaar Schottdorf, ein komplexes
System von Außenlabors aufgebaut zu haben, um diese «Abstaffelung» zu

umgehen. Tatsächlich schloss das Unternehmen mit Laborärzten an
verschiedenen Standorten im Bundesgebiet Dienstleistungsverträge.

Für die Ankläger hätten diese Ärzte als Arbeitnehmer zählen müs
sen.
Gegenüber den Kassen traten sie aber alle als Selbstständige auf und
gaben an, «in freier Praxis» tätig zu sein. Die Staatsanwaltschaft
warf Schottdorf vor, sich durch dieses System bei Abrechnungen im
Gesamtvolumen von knapp 79 Millionen Euro einen eigentlich zu
gewährenden Rabatt von 12,8 Millionen Euro gespart zu haben. Im
Augsburger Prozess forderte sie dafür jeweils viereinhalb Jahre Haft
und ein Millionen-Bußgeld für eines der Schottdorf-Unternehmen.

Das Landgericht kam allerdings zu dem Schluss, dass die Ärzte in den
Außenlabors durchaus als «frei» durchgehen können. Diese Bewertung

fußt aus Sicht des BGH nicht auf Rechtsfehlern. In der nur
15-minütigen Verhandlung am Mittwoch hatte sich selbst der Vertreter
der Bundesanwaltschaft gegen die Staatsanwaltschaft Augsburg gestellt
und wie die Verteidigung die Abweisung der Revision beantragt.

Schottdorf ist im Bereich der medizinischen Laborleistungen seit
Jahrzehnten eine feste Größe. Seine 1976 gegründete Augsburger
Dienstleistungsgesellschaft versorgt nach früheren Angaben 10 000
Praxen mit Laborbedarf und hat mehr als 500 Mitarbeiter.

Wegen seiner Geschäftspraktiken geriet Schottdorf mehrfach ins Visier
der Staatsanwaltschaft. Im Jahr 2000 stand er schon einmal vor
Gericht, auch damals endete der Prozess mit einem Freispruch. Mit den
Vorwürfen hatte sich in Bayern auch ein Untersuchungsausschuss des
Landtags beschäftigt. Dabei ging es um die Frage, ob frühere
Ermittlungen wegen politischer Einflussnahme eingestellt wurden.