Mehr Unfälle beim Trampolinspringen - «Gefahr wird unterschätzt» Von Matthias Brunnert, dpa

Trampoline stehen in immer mehr Gärten. Mit der Zahl der Geräte
steigt auch die Zahl der Unfälle bei Kindern und Jugendlichen.
Chirurgen mahnen zur Vorsicht.

Göttingen (dpa) - Immer mehr Kinder und Jugendliche werden beim
Trampolinspringen schwer verletzt. «Die Zahl der Verunglückten steigt
von Jahr zu Jahr», sagt der Unfallchirurg Christopher Spering von der
Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Der Hauptgrund aus seiner Sicht:
«Die Gefahr beim Trampolinspringen wird unterschätzt.»

Bereits 2014 hatte eine exemplarische Untersuchung der Deutschen
Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) in einer
Klinik gezeigt, dass sich die Zahl der Trampolinunfälle dort
innerhalb von 15 Jahren mehr als verdreifacht hat. Grund sei
einerseits die immer weiter steigende Zahl von Trampolinen, sagt
Spering, der bei der DGOU für Prävention zuständig ist. Kindern und
deren Eltern sei aber auch vielfach leider nicht bewusst, dass ein
Trampolin kein Spiel-, sondern ein Sportgerät ist. Unfallzahlen für
ganz Deutschland hat die DGOU nicht.

In der Universitätsmedizin Göttingen, die einen Einzugsbereich von
rund 100 Kilometern hat, müssten in den Frühjahrs- und Sommermonaten
Dutzende junger Patienten mit Knochenbrüchen, Gehirnerschütterungen,
Platzwunden oder Verstauchungen behandelt werden, sagt Spering. «Wir
haben im Schnitt jeden Tag ein Kind, das beim Trampolinspringen
verunglückt ist und deshalb in die Notaufnahme kommt», sagt er über
die Unfälle im Frühjahr und Sommer.

Der Boom bei Gartentrampolinen habe vor etwa 15 Jahren eingesetzt,
berichtet Sven Esslinger, der mit seiner Firma die oft in China
gefertigten Geräte vertreibt. Die Verkaufszahlen seien innerhalb
weniger Jahre um das 25-Fache nach oben geschnellt. Käufer seien vor
allem Familien mit Kindern und eigenem Grundstück.

Die Verletzungen, die sich Kinder und Jugendliche auf den
Gartentrampolinen zuziehen, sind auch beim Deutschen Turnerbund (DTB)
ein Thema: «Die Gefahr kommt aber nicht von den Geräten selbst», sagt

der Bundestrainer für das Trampolin-Turnen beim DTB, David Pittaway.
«Das Problem ist die falsche Nutzung.» Nach seiner Erfahrung gebe es
Unfälle vor allem, wenn mehrere Kinder gleichzeitig springen, sagt
Pittaway. «Wenn man ein Gartentrampolin vernünftig benutzt, ist es
auf gar keinen Fall gefährlich.»

«Besonders verletzungsgefährdet sind Kleinkinder», berichtet Prof.
Peter Schmittenbecher, der Leiter der Sektion Kindertraumatologie der
Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Dies liege an den noch
unzureichend ausgebildeten koordinativen und motorischen Fähigkeiten
der Kleinen. Zudem seien deren Gelenke noch äußerst instabil.

Am gefährlichsten seien dabei Stürze auf den Boden, gefolgt von
Stürzen auf den Trampolinrand und die Stahlfedern, haben die
Fachleute der DGOU festgestellt. Trampolinspringen sei bei den Ein-
bis Sechsjährigen inzwischen eine der häufigsten Ursachen bei
Unfällen mit Sport- oder Freizeitgeräten.

Die DGOU rät deshalb, Kinder vor dem sechsten Lebensjahr nicht auf
ein Gartentrampolin zu lassen. «Eltern sollten sich darüber im Klaren
sein, dass ein Trampolin keine Kinderbetreuungsstätte ist», sagt
Präventions-Experte Spering.

Problematisch werde es, wenn mehrere Kinder auf dem Trampolin
springen. Es komme dann oft zu Zusammenstößen, sagt Spering. Wenn ein
kleines und ein großes Kind gemeinsam springen, könne es wegen des
Gewichtsunterschieds zu einem Katapult-Effekt kommen, der für die
Kleinen gefährlich enden könne. «Erwachsene sollten in jedem Fall
aufpassen, dass Kinder und Jugendliche auf den Trampolinen keinen
Blödsinn machen», rät Bundestrainer Pittaway.

Um die Unfallgefahr zu bannen, empfiehlt die DGOU, Kinder erst ab dem
sechsten Lebensjahr, am besten alleine und dann nur unter Aufsicht
springen zu lassen. Grundsätzlich, so erläutert der stellvertretende
DGOU-Generalsekretär Prof. Bernd Kladny, sei das Trampolinspringen
nämlich gut für die Stärkung der kindlichen Muskulatur und könne ei
n
Ausgleich zum häufig bewegungsarmen Alltag von Kindern und
Jugendlichen sein.