Mit Eseln und Schnellbooten: Cannabis-Schmuggel an der Adria Von Alexia Angelopoulou und Takis Tsafos, dpa

Aus Albanien und Griechenland stammt ein Großteil von Europas
Cannabis. Mit den Schmugglern liefert sich die Polizei bisweilen
filmreife Verfolgungsjagden. Die Produktion bremst das kaum aus.

Athen (dpa) - James Bond ist nichts dagegen: Mit Hochgeschwindigkeit
jagt ein leistungsstarkes Motorboot über die Wellen. Nur wenige Meter
darüber fliegt ein Polizeihubschrauber. Die Beamten schießen aus der
Luft vor den Bug des Bootes ins Wasser, doch die Schmuggler lassen
sich davon nicht beirren. Erst als auch ein Schnellboot der
Wasserpolizei hinzustößt, drehen die Drogenkuriere bei.

Diese Szene, im April von der griechischen Küstenwache aufgenommen,
zeigt den Alltag an der Adria und im Ionischen Meer. 1,5 Tonnen
Haschisch habe man an jenem Tag sicherstellen können, teilten die
Behörden mit - ein schöner Erfolg und doch nur ein Tropfen auf den
heißen Stein. Wie viele Tonnen jährlich über das Mittelmeer nach
Italien und weiter ins restliche Europa gelangen, vermag niemand zu
sagen. In jedem Fall gilt Albanien als größter Cannabis-Produzent
Europas, und auch Griechenland spielt vorne mit.

Schon längst kooperieren die italienischen und griechischen Behörden
bei den Verfolgungsjagden auf dem Meer - nicht zuletzt, weil die
Schmuggler besser ausgestattet sind als sie selbst. Polizeifotos
zeigen kleine, leichte Schnellboote, die mit bis zu vier
Außenbordmotoren über bis zu 1400 PS verfügen.

Die kürzeste Strecke zwischen Albanien und Italien beträgt rund 70
Kilometer - mit ihren übermotorisierten Booten bringen die Kuriere
ihre Ware innerhalb von einer Stunde zu den Kollegen an der Küste
gegenüber. Die starken, aber auch größeren und weniger wendigen
Polizeiboote können da kaum mithalten.

Rückt die Polizei dennoch zu dicht auf, werden die in Kunststoff
verpackten Drogenpakete zum Zwecke der Beweisvernichtung einfach über
Bord geworfen. Wer an den Stränden der griechischen Inseln Othoni,
Kefalonia oder auch Zakynthos spazieren geht, kann durchaus fündig
werden, denn dort schwemmt das Meer solche Pakete immer wieder an.

Und nicht nur mit schierer PS-Stärke wird beim Schmuggel
operiert; machtlos ist die Polizei auch gegen ganz unzeitgemäße
Transportmittel. «Um das Cannabis gefahrlos über die grüne Grenze von

Albanien nach Griechenland zu transportieren, richten die Schmuggler
Esel ab, die die Trampelpfade alleine bewältigen und auf der anderen
Seite erwartet werden», erklärt ein Polizeisprecher. Stößt die
Polizei auf solch einen Trupp, kann sie lediglich die Vierbeiner und
die Drogen beschlagnahmen - die Drahtzieher bleiben auf freiem Fuß.

Was lustig klingt, ist für die Beamten bitterer Ernst. «Ich habe
Angst, dort an der Grenze zu kontrollieren - man weiß nie, wann und
wo die Drogenmafia auftaucht und ob sie schießen», sagt ein
griechischer Grenzbeamter der Deutschen Presse-Agentur und
bilanziert: «Besser, man begegnet ihnen gar nicht erst.»

Abnehmer gibt es für die illegale Ware in ganz Europa, denn die
Qualität von albanischem und auch griechischem Marihuana soll
ausgezeichnet sein. Während illegale Cannabis-Anbauer in Deutschland
auf eng besiedeltem Raum mit Gewächshäusern, Wärmelampen und
horrenden Stromrechnungen hantieren, wächst Cannabis in manchen
südeuropäischen Regionen fast wie von selbst - überall dort, wo es
nicht zu trocken und dazu warm und sonnig ist.

Recht erfolgreich ist man beim Anbau zum Beispiel in der griechischen
Region Kalamata auf der Halbinsel Peloponnes. Eigentlich ist Kalamata
international für seine schwarz glänzenden Oliven und sein
erstklassiges Olivenöl bekannt. Mittlerweile verdienen manche
Menschen vor Ort jedoch wohl mehr mit dem illegalen Anbau von
Cannabis.

Die Zahlen der griechischen Polizei, die von 2005 bis 2015 reichen,
belegen einen landesweiten Anstieg, der nicht zuletzt der
griechischen Wirtschaftskrise geschuldet sein dürfte. Rund 55 000
Pflanzen vernichteten die Beamten im Jahr 2015 in ganz Griechenland -
gut zwei Drittel mehr als im Durchschnitt der zehn erhobenen Jahre.
Mit Macheten und Kettensägen muss die Drogenpolizei auf manchen
Plantagen gegen die bis zu vier Meter hohen Gewächse vorgehen.

Wenn es ihr denn überhaupt gelingt, bis zu den Plantagen
vorzudringen. So herrscht in der Provinz Mylopotamos auf Kreta eine
Cannabis-Mafia, die große Razzien in unzugänglichen Bergregionen
durchaus mal mit Sperrfeuer aus Maschinengewehren empfängt. Selbst
schwer bewaffnete Spezialbeamte trauen sich kaum in diese
Gegenden. 2007 waren bei einer Razzia drei Beamte durch Schüsse
verletzt worden, einer davon lebensgefährlich. Mehr als 40 Personen
wurden anschließend festgenommen und vor Gericht gestellt.

Während die griechische Polizei im Kampf gegen den Anbau und
Schmuggel von Cannabis dennoch zunehmend Erfolge erzielt, sieht es in
Albanien weiterhin düster aus. Experten sprechen längst von der
«Cannabisation» des Landes. Zwar verzeichnet die Polizei auch dort
immer wieder Schläge gegen den Drogenmarkt - so sollen im vergangenen
Jahr mehr als 2,3 Millionen Cannabispflanzen zerstört worden sein -,
aber für die Menschen im ärmsten Land Europas geht es beim Anbau
nicht etwa um den Rausch, sondern ums Geld und das nackte Überleben.