Experten: Neun Prozent der Krankenhäuser von Insolvenz bedroht

Die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser in Deutschland ist
alles andere als rosig. 21 Prozent fahren Verluste ein. Hoffnung ruht
nun auf dem Krankenhausstrukturfonds

Berlin (dpa) - Fast jedes zehnte Krankenhaus in Deutschland war 2015
nach Angaben von Experten von Insolvenz bedroht. Weitere zwölf
Prozent waren bereits im «gelben Bereich». Dies geht aus dem
«Krankenhaus Rating Report» des Wirtschaftsinstituts RWI in Essen
hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Auf Konzernebene schrieben demnach 21 Prozent der Krankenhäuser rote
Zahlen. 79 Prozent befanden sich im «grünen Bereich». Damit hat sic
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deren wirtschaftliche Lage auch 2015 wieder leicht verschlechtert.
Das bis dahin schlechteste Ergebnis fuhren die Krankenhäuser 2012
ein.

Ost-West-Gefälle

Nach Darstellung der Experten war die wirtschaftliche Lage der
Krankenhäuser in den neuen Bundesländern auch 2015 wieder am besten.
Am schwierigsten sei sie in Bayern, Niedersachsen/Bremen, Hessen und
Baden-Württemberg gewesen.

In Sachsen etwa gebe es so gut wie kein Krankenhaus, das rote Zahlen
schreibe, in Sachsen-Anhalt und Thüringen seien es 12 Prozent gewesen
und in Berlin und Brandenburg 14 Prozent. In Bayern dagegen fuhren
den Angaben zufolge 36 Prozent der Krankenhäuser Defizite ein und in
Baden-Württemberg 40 Prozent.

Gerade in den alten Bundesländern seien die Krankenhausstrukturen in
einigen Regionen nach wie vor ungünstig - zu viele kleine
Einrichtungen, eine zu hohe Krankenhausdichte und zu wenig
Spezialisierung der einzelnen Häuser. Gerade die kommunalen
Krankenhäuser seien im Osten besser aufgestellt als im Westen.

Krankenhausstrukturreform wirkt bereits

Allerdings zeige der von 2016 bis 2018 eingesetzte
Krankenhausstrukturfonds von bis zu einer Milliarde Euro schon erste
Wirkungen hin zu Strukturverbesserungen, heißt es in dem Bericht. Der
Fonds, der im Krankenhausstrukturgesetz geregelt ist, werde gut
angenommen.

Er sollte über 2018 hinaus fortgeführt werden, sagte Boris Augurzky,
Leiter des RWI-Bereichs Gesundheit. Um eine ideale
Krankenhausstruktur zu erreichen seien bis in die 2020er Jahre
insgesamt 12 Milliarden Euro nötig. Diese sollten künftig aber aus
Steuermitteln aufgebracht und von den Ländern mitfinanziert werden.

Erstmals unter 500 000 Betten in Deutschland

Die Bettenzahl ist gegenüber dem Vorjahr zwar kaum zurückgegangen.
Allerdings unterschritt sie den Angaben zufolge erstmals die Marke
von 500 000 Betten. Die Zahl der Krankenhäuser sei um 1,2 Prozent auf
1956 Häuser zurückgegangen. Der durchschnittliche Aufenthalt von
Patienten sank weiter auf 7,3 Tage.

Keine guten Aussichten

Augurzky geht davon aus, dass in der kommenden Legislaturperiode noch
ausreichend Geld im Gesundheitssystem sein werde. Doch danach dürfte
- vor allem wegen des demografischen Wandels und der abnehmenden Zahl
von Bürgern im erwerbsfähigen Alter - die Finanzierungslücke in der
gesetzlichen Krankenversicherung wieder wachsen.

Um die drohenden Engpässe zumindest zu lindern, müsse weiter für eine

starke Wirtschaft und eine niedrige Arbeitslosigkeit gesorgt werden,
empfiehlt Augurzky. Zudem sei im Gesundheitssystem selbst
Veränderungen nötig, etwa eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem
ambulanten und dem stationären Bereich oder eine bessere Steuerung
der Patienten mit weniger Aufenthaltstagen in Krankenhäusern sowie
die Effizienz steigernde Innovationen. Dazu sei eine
Gesundheitsagenda 2025 für die beiden nächsten Legislaturperioden
nötig.

Der Sprecher des Spitzenverbandes der Gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV), Florian Lanz, sagte der dpa, die
Versorgung auf dem Land sichern, Überkapazitäten in Ballungsräumen
abbauen und mehr Spezialisierungen, «wäre der richtige Maßnahmenmix,

mit dem die Patientenversorgung besser wird und die roten Zahlen
weniger».