Schulz will Steuerentlastungen von 15 Milliarden Euro

Steuersenkungen und weniger Sozialabgaben nicht mit der Gießkanne,
sondern gezielt für untere und mittlere Einkommen. Das verspricht die
SPD - und fordert die Union auf, jetzt ebenfalls zu liefern.

Berlin (dpa) - Die SPD will nach einer gewonnenen Bundestagswahl
Menschen mit geringen und mittleren Einkommen entlasten und dafür
Top-Verdiener stärker zur Kasse bitten. Vor allem über die teilweise
Abschaffung des Solidaritätszuschlages ab 2020 versprechen die
Sozialdemokraten Steuerentlastungen von mindestens 15 Milliarden Euro
pro Jahr. Geringverdiener sollen zudem von niedrigeren Sozialabgaben
profitieren - bezahlt aus Haushaltsmitteln.

«Wir haben solide gerechnet und versprechen nichts, was wir nicht
halten können», sagte SPD-Kanzlerkandidat und Parteichef Martin
Schulz am Montag bei der Vorstellung des Steuerkonzepts für die
Bundestagswahl im Herbst. Zusammen mit den stellvertretenden
Parteivorsitzenden Olaf Scholz und Thorsten Schäfer-Gümbel kündigte
Schulz für den Fall eines SPD-Wahlsieges zusätzliche Investitionen
von 30 Milliarden Euro unter anderem in Schulen, für kostenlose
Kita-Plätze und in die Verkehrsinfrastruktur an.

Allein der Wegfall des «Soli» für untere und mittlere Einkommen soll

nach Darstellung der SPD die Steuerzahler ab 2020 um zehn Milliarden
Euro entlasten. Dafür sollen die Freigrenzen angehoben werden, ab
denen der Zuschlag erhoben wird. Heute wird der «Soli» erst ab einer
Freigrenze von 972 Euro für Ledige fällig.

Zugleich soll der sogenannte Spitzensteuersatz von 42 Prozent für
Ledige erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60 000 Euro
greifen und nicht wie bisher bei rund 54 000 Euro. Dies entlaste
Arbeitnehmer um weitere zwei Milliarden Euro, heißt es.

Um dies finanzieren zu können, soll der Spitzensteuersatz auf 45
Prozent angehoben werden, der dann ab 76 200 Euro zu versteuerndem
Einkommen für einen Single greift. Auch die sogenannte Reichensteuer
von drei Prozentpunkten auf den Spitzensteuersatz soll ab 250 000
Euro fix erhoben werden.

Geringverdiener bis zu einem Monatseinkommen von 1 300 Euro sollen
zudem bei den Sozialbeiträgen entlastet werden. Die paritätische
Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung soll wieder
eingeführt werden - Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen also wieder
gleich hohe Beiträge. Arbeitnehmer würden allein dadurch um weitere
fünf Milliarden Euro pro Jahr entlastet, verspricht die SPD.

Um Familien mit Kindern zusätzlich zu entlasten, sollen Kita-Gebühren
schrittweise abgeschafft werden. Am Ehegattensplitting soll für
bestehende Paare nicht gerüttelt werden. Eingeführt werden soll ein
Familientarif: Der Ehepartner mit dem höheren Einkommen kann danach
einen Betrag von bis zu 20 000 Euro auf seinen Partner übertragen.
Zusätzlich soll jedem Elternteil pro Kind 150 Euro Abzug von der
Steuerlast als Kinderbonus gewährt werden. Für einkommensschwache
Familien sollen Kindergeld und -zuschlag zu einem erweiterten
Kindergeld zusammengefasst werden.

Ihr komplettes Wahlprogramm will die SPD am kommenden Sonntag (25.
Juni) auf ihrem Bundesparteitag in Dortmund verabschieden. Parteivize
Schäfer-Gümbel sagte, es werde keine Entlastungen mit der Gießkanne
geben. Er rief die Union auf, sich endlich an dem Wettbewerb der
Parteien um bessere Ideen zu beteiligen und sich Zukunftsfragen nicht
weiter zu verweigern. Scholz betonte: «Wer sich um Thema «Soli»
herumdrückt, kann kein seriöses (...) Steuerkonzept vorlegen. Wir
haben uns nicht gedrückt.»

Bisher haben CDU und CSU Steuersenkungen von 15 Milliarden Euro ab
2017 und eine schrittweise Abschaffung des «Soli» bis zum Jahr 2030
in Aussicht gestellt. Über Details ist die Union noch uneins.

Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte, die Bürger hätten
nach acht wirtschaftlich erfolgreichen Jahren mit steigenden
Steuereinnahmen einen Anspruch auf Entlastung: «Herr Schulz zielt
populistisch auf Reiche, wird aber mit Wucht den Mittelstand und die
Sparer treffen.» Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU)
kritisierte, die SPD bringe wieder Steuererhöhungen ins Spiel, was
gerade für die Leistungsträger der Gesellschaft schlecht sei: «Am
Ende wieder typisch SPD: klassische Umverteilung.»

Die Spitzenkandidatin der Linken, Sahra Wagenknecht warf der SPD vor,
vor «der Kampagne der Mächtigen und Reichen eingeknickt» zu sein.
Größere Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen sind im
SPD-Steuerkonzept Fehlanzeige, das vorgeschlagene
Investitionsprogramm sei viel zu klein und unsolide finanziert.