Merkel will Gebäude-Steuerbonus - Schulz für mehr Kundenrechte

Millionen Verbraucher sind Millionen Wähler - doch was wollen sie?
Die Kanzlerin und ihr SPD-Rivale präsentieren erste Versprechen. Laut
Umfrage reagiert die Politik für viele Bürger vor allem auf Krisen.

Berlin (dpa) - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wirbt für einen neuen
Anlauf für einen Steuerbonus zur energiesparenden Gebäudesanierung
nach der Bundestagswahl. Sie werde dafür sorgen, dass die Union dies
in ihr Programm schreibe, sagte Merkel bei einer Veranstaltung des
Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) am Montag in Berlin. Nähere
Angaben etwa zum Finanzvolumen machte sie nicht. SPD-Kanzlerkandidat
Martin Schulz will die Rechte von Verbrauchern mit neuen Regeln und
mehr Kompetenzen für Aufsichtsbehörden stärken. Wie derzeit schon f
ür
Finanzen und Digitales sollten staatlich geförderte «Markwächter»
künftig auch Missstände bei Gesundheit und Lebensmitteln aufspüren.


Merkel verwies auf viele ältere Wohnungen. Deren energetische
Sanierung sei «ein schlafender Riese». Die Kanzlerin beklagte, dass
ein sich so offensichtlich rechnendes Vorhaben wie eine steuerliche
Förderung bisher an den Ländern gescheitert sei. In der Diskussion
ist seit längerem ein Fördervolumen von rund einer Milliarde Euro.

Merkel wandte sich gegen Fundamentalkritik an internationalen
Freihandelsabkommen. Verträge wie der mit Kanada (Ceta) mit
Festlegungen zu Umwelt- oder Verbraucherstandards seien «ungleich
gerechter», als Abkommen nur zu Zollfragen. Im Verhältnis zu Afrika
sei ein fairer Handel in bestehenden Abkommen noch nicht ausreichend
gewährleistet, vor allem bei Ländern, die sich positiv entwickelten.

Schulz sagte: «Verbraucherschutz ist für uns kein lästiges Übel und

auch kein Markthindernis, sondern eine Frage von Fairness und
Gerechtigkeit.» Unter anderem Bundeskartellamt und
Kraftfahrt-Bundesamt sollten sich stärker um Verbraucherbelange
kümmern. Bei sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen etwa
von Textilien müsse es mehr Transparenz geben. Für Fälle mit
tausenden Betroffenen wie beim VW-Abgasskandal sollten schnell neue
Musterklage-Möglichkeiten für Verbraucherverbände eingeführt werden
.
Ein in der großen Koalition vorliegender Entwurf werde «vom
Kanzleramt blockiert», sagte Schulz.

Vzbv-Chef Klaus Müller mahnte von der künftigen Bundesregierung unter
anderem rasche Fortschritte bei Musterklagen und Anstrengungen für
mehr Tierwohl in den Ställen an. Verbraucherschutz sei «ein wichtiger
Baustein, dass Menschen sich in ihrem Alltag sicher fühlen können»,
sagte Müller der dpa. Sicherheit beziehe sich nicht nur auf den
wichtigen Schutz vor Terror und die internationale Politik, sondern
bedeute etwa auch sichere Lebensmittel, eine sichere Rente in Zeiten
niedriger Zinsen und eine weiterhin bezahlbare Krankenversicherung.

Laut einer Umfrage im Auftrag des vzbv haben 63 Prozent der Befragten
den Eindruck, dass Verbraucherschutz in der Politik nur punktuell
Beachtung findet, etwa bei Skandalen oder Krisen. Dass dies generell
der Fall sei, sagten 23 Prozent. Insgesamt berücksichtigt die Politik
aus Sicht von 72 Prozent der Befragten sehr stark oder stark Belange
von Unternehmen, den Verbraucherschutz nannten 39 Prozent.