Bilanz der Regierung: Was hat Schwarz-Rot nicht geliefert?

Berlin (dpa) - Die vier Jahre der Legislaturperiode haben der großen
Koalition von Union und SPD nicht gereicht, um alle Vorhaben aus dem
Koalitionsvertrag umzusetzen. Es blieb einiges liegen: von der
Wertstofftonne bis zur Solidarrente. Ein Überblick:

ARBEITSMARKT: Ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles
(SPD) für ein Recht auf befristete Teilzeit und Rückkehr in einen
Vollzeitjob scheiterte. Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und
SPD auf so eine Neuerung geeinigt. Nahles wirft der Union und den
Arbeitgebern vor, den Entwurf blockiert zu haben. Die Union kontert,
Nahles sei über den Koalitionsvertrag hinausgegangen.

MANAGERGEHÄLTER: Das Thema wurde zu den Akten gelegt. Die SPD wollte,
dass Unternehmen Managergehälter nur bis 500 000 Euro im Jahr
steuerlich absetzen können. CDU/CSU bestanden auf Umsetzung des
Koalitionsvertrags, nach dem die Hauptversammlungen auf Vorschlag des
Aufsichtsrats über die Höhe der Gehälter entscheiden sollen.

SOLIDARRENTE: Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss im Alter mehr
haben als Grundsicherung. Die Koalition wollte bis 2017 eine
«solidarische Lebensleistungsrente» einführen. Doch daraus wurde
nichts mehr. Nach den großen Brocken Mütterrente, Rente mit 63 und
Ost-West-Rentenangleichung war hier zwischen Union und SPD kein
Übereinkommen mehr möglich.

ARZNEIMITTELHANDEL: Das von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)
geplante Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen
Arzneimitteln hat in der Koalition keine Mehrheit mehr bekommen, da
sich vor allem die SPD dagegen sperrte.

TABAKWERBEVERBOT: Das Kabinett hat das geplante Tabakwerbeverbot
bereis vor mehr als einem Jahr verabschiedet. Danach soll
Zigarettenwerbung auf Plakaten und im Kino von Juli 2020 an verboten
werden. Doch der Gesetzentwurf wurde nach einer Blockade der
Unionsfraktion nicht weiter verfolgt. Hauptargument: Werbung für ein
legales Produkt zu verbieten, sei ein «ziemlicher Eingriff».
Befürchtet wird, dass Werbeverbote für andere Produkte folgen.

GEBÄUDE/ENERGIESPAREN: Die geplanten neuen Vorgaben zum Energiesparen
in öffentlichen Gebäuden sind nach langem Streit vom Tisch. Mit dem
Gebäudeenergiegesetz sollten ab 2019 Standards zum Energiesparen für
den Neubau von Nicht-Wohngebäuden der öffentlichen Hand festgelegt
werden. Neue energetische Anforderungen für den privaten Neubau und
den Bestand sah der Gesetzentwurf nicht vor.

FINANZTRANSAKTIONSSTEUER: Im Koalitionsvertrag heißt es: «Wir wollen
eine Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage und
niedrigem Steuersatz zügig umsetzen, und zwar im Rahmen einer
verstärkten Zusammenarbeit in der EU.» Die Verhandlungen auf EU-Ebene
stocken aber. Anfang 2013 hatten sich elf EU-Staaten geeinigt.
Zuletzt wollten noch zehn teilnehmen. Zur Einführung der Steuer über
eine verstärkte Zusammenarbeit ist die Beteiligung von mindestens
neun Staaten notwendig.

SCHATTENBANKEN: Auch hier ist die Bundesregierung von Fortschritten
auf internationaler Ebene abhängig gewesen. In der G20-Gruppe der
führenden Industrie- und Schwellenländer geht es langsam voran. Im
Koalitionsvertrag wurde vereinbart: «Schattenbanken müssen so
reguliert werden, dass für sie bei gleichem Geschäft und gleichem
Risiko für die Stabilität des Finanzsystems die gleiche Regulierung
gilt wie im klassischen Bankensektor.»

JUGENDSCHUTZGESETZ: Der Jugendschutz sollte nach dem Willen der
inzwischen ausgeschiedenen Familienministerin Manuela Schwesig (SPD)
zeitgemäßer werden, neue Medien und Gefahren vor allem für Kinder
sollten mit einbezogen werden. Am Ende scheiterte das Gesetz an den
Vorbehalten einiger Bundesländer.

DEMOKRATIEFÖRDERGESETZ: Es sollte die Präventionsarbeit gegen
Rechtsextremismus verstetigen, für die es in der großen Koalition
zwar mehr Geld gab, aber eben kein klares Konzept und keine
Planungssicherheit. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) blockierte
den Plan.

FAMILIENARBEITSZEIT und FAMILIENGELD: Das war Schwesigs
Herzensangelegenheit, mit der Union aber nicht zu machen. Väter und
Mütter sollen bestimmte Zeiten frei nehmen oder ihre Arbeitszeit 24
Monate lang auf 26 bis 36 Stunden verkürzen können. Auch für die
Pflege von Familienangehörigen soll das Gesetz greifen, die SPD geht
jetzt damit in den Wahlkampf.

KLIMAZIEL: Bis 2020 soll Deutschland 40 Prozent weniger Treibhausgase
ausstoßen als 1990, heißt es im Vertrag - aber die Koalition hat
nicht Kurs gehalten. 2016 stieg der Ausstoß sogar wieder an.

WERTSTOFFTONNE: Eine gemeinsame Tonne für Verpackungen und andere
Produkte aus den gleich Materialien sollte flächendeckend kommen -
das scheiterte aber an einem Streit zwischen privaten und kommunalen
Entsorgungsunternehmen.

MIETRECHT: Neben der Mietpreisbremse wollten Union und SPD weitere
Änderungen im Mietrecht. Die Möglichkeiten der Vermieter, nach
Modernisierungen die Miete zu erhöhen, sollten eingeschränkt werden.
Reformiert werden sollten auch die Regularien, nach denen Mietspiegel
erstellt werden. Justizminister Heiko Maas (SPD) legte dieses zweite
Paket schon vor einer ganzen Weile vor. Später wollte er noch
Nachbesserungen an der Mietpreisbremse dort andocken. Dazu kam es
aber nicht, wegen Einwänden der Union.