Digitalgipfel will Vernetzung von Patientendaten vorantreiben

Einmal im Jahr kommen Politiker und Manager zusammen und ziehen eine
Zwischenbilanz der Digitalisierung. Ein konkretes Ergebnis ist
diesmal der Start eines Pilotprojekts für eine «Schul-Cloud».

Ludwigshafen (dpa) - Die Vernetzung und Zentralisierung von
Patientendaten steht im Mittelpunkt eines zweitägigen Digitalgipfels
von Managern und Spitzenpolitikern in Ludwigshafen. Die rund 1000
Teilnehmer befassen sich unter anderem mit Modellen, wie die bislang
verstreut beim Arzt oder in Kliniken gespeicherten Daten
zentralisiert und für effizientere Therapien genutzt werden können.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnt allerdings vor einem
automatisierten Zugriff für Krankenkassen und Unternehmen.

«Wir sind jetzt dabei, Krankenhäuser, Arztpraxen und die 70 Millionen
gesetzlich Versicherten über ein sicheres Netz miteinander zu
verbinden», sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) der
«Rhein-Neckar-Zeitung» (Montag). Letzte Sicherheitstests seien
erfolgreich abgeschlossen, so dass die erforderliche Technik bis Ende
kommenden Jahres flächendeckend in allen Kliniken und Praxen
verfügbar sein werde.

Röntgenbilder, Laborberichte, Daten zu Untersuchungen, Impfungen oder
Medikamenten sollten nicht länger in einzelnen Praxen, Kliniken oder
Rehazentren liegen, sondern für Patienten zentral verfügbar sein,
empfahl Microsoft Deutschland. Um den Anforderungen etwa in der
Telemedizin gerecht zu werden, komme es auf reaktionsschnelle
Netzverbindungen an, betonte der schwedische Netztechnikanbieter
Ericsson und nannte dabei die Mobilfunktechnik 5G.

Das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam (HPI) stellte auf dem
Digitalgipfel einen «radikal patienten- oder bürgerorientierten
Ansatz» vor. «Dabei bieten wir den Patienten die Möglichkeit, ihre
Daten in einer Gesundheitscloud abzulegen, die wir entwickeln», sagte
HPI-Direktor Christoph Meinel der Deutschen Presse-Agentur. Die
Patienten können dann entscheiden, welcher Art von Datennutzung auf
Seiten von Ärzten, Krankenhäusern oder Unternehmen sie zustimmen.

«Wenn wir von den Chancen reden, sollten wir die Risiken für die
Patienten nicht vergessen», mahnte der Vorstand der Deutschen
Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. «Patientendaten sind
hochsensibel und hochpersönlich», sagte Brysch der Deutschen
Presse-Agentur. Bei der Speicherung von Daten gebe es keine
hundertprozentige Sicherheit, schließlich sei noch nicht einmal das
Computernetz des Bundestags vor Angriffen gefeit. Unternehmen dürften
keinen Zugriff auf Daten erhalten, um etwa ihre Marketing-Strategien
zu verbessern.

Mehrere Teilnehmer des bisher als IT-Gipfel bekannten Forums wiesen
darauf hin, dass Deutschland bei der Digitalisierung im
internationalen Vergleich im Rückstand sei. In der Verwaltung und in
der Bildung sei dies besonders eklatant, sagte die Geschäftsführerin
der Initiative D21, Lena-Sophie Müller, der Deutschen Presse-Agentur.
«Die eingeleiteten Aktivitäten im Bildungswesen reichen nicht aus, um
da wirklich voranzukommen.»

Im Beisein von Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und der
rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) wurde
im pfälzischen Grünstadt eine «Schul-Cloud» gestartet. Hierfür ha
t
das HPI die technische Infrastruktur aufgebaut, um in einer ersten
Stufe 26 Schulen in 13 Bundesländern miteinander zu vernetzen. Dem
Auftakt am Leininger-Gymnasium im pfälzischen Grünstadt müsse eine
flächendeckende Umsetzung mit einem professionellen Partner folgen,
der dann auf den Erkenntnissen des Pilotprojekts aufbauen könne,
sagte Meinel. «Die Schulklassen sind über WLAN mit der Cloud
verbunden und können auf fachbezogene Lehrinhalte und Werkzeuge
zugreifen.»

Auch das Hasso-Plattner-Institut (HPI), wo 2006 der erste IT-Gipfel
stattfand, rief zu mehr Tempo in der Digitalisierung auf. «Wir müssen
uns am Riemen reißen, um den Anschluss nicht zu verpassen», sagte
HPI-Direktor Meinel. «Es gibt da viel zu tun.»