Gröhe: Patienten durch Lieferengpässe nicht gefährdet

Engpässe bei Antibiotika, bei Krebs- oder Narkosemitteln: Die
Konzentration der Produktion solcher Arzneimittel im Ausland kann die
Versorgung anfällig machen.

Berlin (dpa) - Patienten sind nach Worten von Gesundheitsminister
Hermann Gröhe (CDU) durch die aktuellen Lieferengpässe bei
Arzneimitteln nicht gefährdet. «Es zeichnet sich kein
Versorgungsengpass ab», sagte Gröhe der «Neuen Osnabrücker Zeitung
»
(Freitag). In den allermeisten Fällen stünden Alternativen für
Arzneimittel mit dem Wirkstoff Remifentanil zur Verfügung. «Die
deutschen Anästhesisten haben versichert, dass keine notwendigen
Operationen verschoben werden müssen», erklärte der Minister.

Er reagierte damit auf den Präsidenten der Bundesärztekammer, Frank
Ulrich Montgomery, der angesichts der Lieferschwierigkeiten bei dem
Narkosemittel in Deutschland eine Reserve für wichtige Medikamente
gefordert hatte. «Es kann nicht sein, dass ein hoch
industrialisiertes Land wie Deutschland die Gesundheitsversorgung der
Bevölkerung nicht sicherstellen kann», sagte Montgomery der
«Bild»-Zeitung (Donnerstag).

Seit Monaten gibt es Nachschubprobleme bei Narkose-Präparaten mit dem
Wirkstoff Remifentanil. Er wird vor allem bei ambulanten Operationen
und Kindern eingesetzt. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte sind die Probleme bekannt - an diesem Donnerstag
waren weitere Gespräche geplant.

Montgomery sagte, die Grundstoffe wichtiger Medikamente würden häufig
nur noch von wenigen Firmen zumeist in China oder Indien hergestellt.
Diese Abhängigkeit von wenigen Produktionsstandorten sei nicht
gesund. «Deswegen muss die Bundesregierung darauf drängen, dass ein
internationales Kataster über Arzneimittel aufgebaut wird. Wir müssen
wissen, welche Medikamente wo und wie produziert werden.» Es müsse
«mehr als einen Produzenten» geben. Für wichtige Arzneimittel sei
eine nationale Medikamenten-Reserve nötig.

Gröhe sagte dazu: «Krankenhäuser sind bereits verpflichtet,
Medikamente für zwei Wochen zu bevorraten.» Und Pharmaunternehmen
seien dazu verpflichtet worden, Krankenhäuser zu informieren, sobald
ihnen Kenntnisse über Lieferengpässe bei bestimmten Arzneimitteln
vorlägen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) stehe im regelmäßigen Austausch mit Fachverbänden und
Herstellern, um bei Lieferengpässen schnell Lösungen zu erarbeiten.

Besonders brisant sind Lieferprobleme für Krankenhäuser. Nach einer
Anfang März von der AOK Baden-Württemberg vorgestellten Befragung des
Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker seien Arzneimittel mit
insgesamt 280 Wirkstoffen nicht verfügbar gewesen. Darunter 30, die
die jeweilige Klinikapotheke als «versorgungskritisch» einstufte. Von
diesen seien von den verantwortlichen Herstellern lediglich acht an
das BfArM gemeldet worden.

Für die Krankenkasse geht die seitens der Ärzte vorgeschlagene
nationale Medikamenten-Reserve in die richtige Richtung, aber nicht
weit genug. «Eine Verpflichtung der Pharmaindustrie, deren Erfüllung
nur sie selbst überprüfen kann, ist faktisch freiwillig - und das hat
in diesem Markt noch nie funktioniert», bekräftigte Vorstandschef
Christopher Hermann, am Donnerstag.