Barmer Zahnreport: Parodontitis als Zahnkiller unterschätzt

Karies ist schon lange nicht mehr der Hauptfeind gesunder Zähne. Als
Hauptursache für Zahnverlust gelten heute chronische Entzündungen des
Zahnbetts. Die tun aber lange Zeit nicht weh - und zum regelmäßigen
Zahnarzt-Check geht auch nicht jeder.

Berlin (dpa) - Zahn um Zahn: Viele Bundesbürger unterschätzen nach
einer Untersuchung der Barmer Krankenkasse das Risiko der chronischen
Zahnbettentzündung Parodontitis. Sie gingen entweder zu selten oder
zu spät zum Zahnarzt oder beachteten Therapieempfehlungen nicht,
heißt es im Barmer Zahnreport, der am Donnerstag in Berlin
vorgestellt wurde. Selbst nach einer Therapie gingen noch bei einem
Drittel der Erkrankten innerhalb von vier Jahren Zähne verloren.
Chronische Zahnbettentzündungen gelten heute als Hauptursache für
Zahnverluste. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KZBV)
kritisierte aber auch den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen,
die unter anderem nicht für Parodontitis-Nachbehandlungen zahlten.

Anders als Karies ist eine Zahnbettentzündung zunächst nicht
schmerzhaft. Sie kann durch Beläge (Plaque) auf den Zähnen und in
Zahnzwischenräumen entstehen. Der Körper reagiert oft erst mit einer
Zahnfleischentzündung, die ohne Behandlung nicht selten in tieferes
Gewebe vordringt. Das kann eine Parodontitis auslösen. Raucher,
Diabetiker sowie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem gelten
als besonders gefährdet. Durch regelmäßiges Zähneputzen und tägli
ches
Reinigen der Zahnzwischenräume lassen sich Zahnbettschäden vermeiden.

Nach Angaben der KZBV ist rund jeder zweite jüngere Erwachsene (52
Prozent) von einer parodontalen Erkrankung betroffen. Viele, ohne
davon zu wissen, heißt es in der Barmer-Untersuchung. Unter Senioren
litten sogar nahezu zwei Drittel unter Zahnbettentzündungen.
Insgesamt nehme die Zahl der Menschen mit Parodontalerkrankungen nach
der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie aber nicht zu, führt die
KZBV an. Bei jüngeren Erwachsenen habe sich die Zahl schwerer Fälle
seit 2005 halbiert. Auch bei jüngeren Senioren gebe es einen
rückläufigen Trend.

Entwarnung bedeute das nicht. «Wir können Betroffenen daher nur
dringend raten, frühzeitig zum Zahnarzt zu gehen und dessen
Therapie-Empfehlungen auch konsequent umzusetzen», sagte Christoph
Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, am Donnerstag. Wer nicht
jährlich zur Kontrolluntersuchung gehe, verdopple sein Risiko, Zähne
zu verlieren.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sieht diesen Kontrollabstand
als zu gering an. «Parodontale Erkrankungen sind immer noch der
Hauptgrund für Zahnverluste bei Erwachsenen», sagte Vorstandschef
Wolfgang Eßer. Der Leistungskatalog der Kassen sei mit Blick auf
Prävention und Nachsorge unvollständig und entspreche nicht mehr dem
Stand der Wissenschaft.

Selbstverantwortung der Patienten spielt aber auch eine Rolle. Im
Jahr 2015 gingen nach dem Barmer Zahnreport im Durchschnitt nur 71,7
Prozent aller Versicherten mindestens einmal im Jahr zum Zahnarzt -
bei den Männer waren es rund zwei Drittel (67,8 Prozent), bei den
Frauen drei Viertel (75,4 Prozent).