China hungert nach Eselshaut - schlecht für Tiere und Bauern Afrikas Von Kristin Palitza, dpa

China importiert jedes Jahr tausende Eselshäute aus Afrika für die
traditionelle Medizin. Arme Länder hoffen, ihre Wirtschaft mit dieser
Nachfrage ankurbeln zu können. Doch Tierschützer warnen vor dem
Aussterben der Esel - und Bauern fürchten um ihre Existenz.

Addis Abeba (dpa) - «E Jiao» war eine Medizinform, die ursprünglich
Chinas Königshaus und Herrschern vorbehalten war. Mit dem wachsenden
Wohlstand der Mittelschicht wollen immer mehr Chinesen das
Wundermittel - aus Eselhaut gewonnene schwarze Gelatine - nutzen. Das
teure Präparat soll in Form von Pillen oder als Tonikum dem Altern
vorbeugen, Schlaflosigkeit heilen und die Erotik befeuern, so der
Glaube.

Die Nachfrage wächst immens - woher all die Esel nehmen? In China hat
sich ihre Zahl in den vergangenen 25 Jahren auf etwa sechs Millionen
nahezu halbiert. Das Land erwirbt inzwischen 1,8 Millionen Eselshäute
pro Jahr anderswo, wie die Tierschutzorganisation Donkey Sanctuary
berichtet - und könne locker etwa zehn Millionen gebrauchen.

Längst hat China ein Auge auf Afrika geworfen: Der Kontinent
beherbergt etwa 25 Prozent der weltweiten Eselspopulation, elf
Millionen Tiere, wie aus Zahlen der UN-Welternährungsorganisation
(FAO) hervorgeht. Chinesische Unternehmen lassen in eigens
errichteten Schlachthöfen bereits tausende Esel täglich töten. Viele

afrikanische Staaten hoffen, damit ihre kriselnde Wirtschaft stärken
zu können. Ein Kilo «E Jiao» koste bis zu 375 Dollar (knapp 350
Euro), sagt Donkey-Sanctuary-Chef Mike Baker.

Mit dem wachsenden Bedarfs Chinas habe zudem in vielen Ländern das
illegale Schlachten von Eseln Einzug gehalten. Neben Südafrika
gehörten Ägypten und Tansania zum Kreis dieser Staaten, wie die
Organisation berichtet. «Esel werden zusammengetrieben, gestohlen,
dann weggeschafft und wegen ihrer Haut brutal geschlachtet», schreibt
der Südafrikanische Nationalrat für den Schutz von Tieren (NSPCA) in
einer Erklärung. Der Handel mit den Häuten sei «grauenhaft».

Tierschützer warnen, die hohe Nachfrage werde die Eselsbestände stark
schrumpfen lassen. Die Fruchtbarkeit der Tiere sei gering, darum
schnelle mit der Nachfrage aus China der Preis für Esel hoch. Das
wiederum bedrohe die Existenz armer Gemeinden in Afrika, die die
Lasttiere für die schwere Arbeit auf den Feldern brauchen.

«Die derzeitige Nachfrage nach Häuten ist unbarmherzig», meint
Tierschützer Baker. «Gemeinden riskieren, zu verarmen und ihre
Unabhängigkeit zu verlieren.» Einige afrikanische Länder haben
mittlerweile den Export von Eselshäuten verboten, um ihre ländlichen
Gemeinden zu schützen. Dazu gehören Senegal, Mali, Burkina Faso,
Niger und seit kurzem auch Äthiopien.

Niger hatte sich Ende 2016 zu diesem Schritt entschlossen, nachdem
alleine in den ersten neun Monaten des Jahres 80 000 Tiere verkauft
worden waren - nach 27 000 im gesamten Jahr 2015. Kurz zuvor hatte
bereits Burkina Faso ein Verbot verhängt. Dort waren 45 000 Esel in
nur sechs Monaten geschlachtet worden. «Wenn sich dieser Trend
fortsetzt, wird es 2020 keine Esel mehr in Burkina Faso geben»,
warnte Landwirtschaftsminister Soumanogo Koutou.

Als bisher letzte Nation entschloss sich Äthiopien, den Schutz der
Esel über den Profit zu stellen und ein Exportverbot zu verhängen.
Das Land weist mit fast acht Millionen Eseln nach Zahlen der FAO den
größten Bestand der Welt auf.

Das Unternehmen Shandong Dong'e, Chinas größter Produzent von «E
Jiao», bekam kürzlich die Anweisung, den Betrieb auf seinem
Schlachthof in Bishoftu südlich der äthiopischen Hauptstadt Addis
Abeba einzustellen. Dort wurden täglich mindestens 100 Esel
geschlachtet, wie Manager Aklilu Tefera sagt. Die Häute seien nach
China, das Fleisch nach Vietnam gegangen.

Die kleine Gemeinde hatte über soziale Medien eine Kampagne gegen
Shandong Dong'e gestartet, jetzt begrüßte sie das Exportverbot.
«Niemand hat diesen Schlachthof hier gewollt», sagt ein Bewohner,
Esel zu schlachten «geht gegen unsere Kultur». In Äthiopien und den
meisten afrikanischen Ländern ist es tabu, Eselfleisch zu essen.